Sorgende Gemeinde am Lebensende

1.Was am Ende zählt

Im Frühjahr war ich auf einer Coaching-Fortbildung, bei der es auch darum ging, das eigene Leben zu reflektieren. Die eigenen Erfahrungen – die eigenen Erwartungen. Fünf Männer, fünf Frauen. Am letzten Tag bekam jeder Mann in der Runde einen Zollstock, den er unterhalb der 90 cm durchbrechen und dann mit einer Frau teilen sollte. Das Stück, das ich dann in der Hand hielt, war etwa 85 cm lang. 85 – da beginnt nach unserer offiziellen Rechnung die Hochaltrigkeit.

Neugeborene Mädchen haben zurzeit eine Lebenserwartung von 83 Jahren. Noch nie in der Geschichte sind Menschen so gesund alt geworden, noch nie war die Breite der Bevölkerung so gut ausgebildet, so kompetent und selbständig wie heute, noch nie gab es auch so viele Möglichkeiten, sich zu vernetzen und gut zu organisieren. 60 ist die neue 50. Drei Viertel der Befragten ab 60 Jahren fühlen sich jedenfalls jünger, als sie es vom kalendarischen Alter her sind, und zwar im Durchschnitt 5,5 Jahre. Und immerhin die Hälfte der 70- bis 85-jährigen fühlen sich trotz der einen oder anderen Krankheit funktional gesund.

Und trotzdem muss ich mich damit auseinanderzusetzen, dass das verbleibende Stück Zollstock relativ kurz ist. Dass die Kräfte nachlassen, auch wenn ich das lange hinauszögern kann. Ich muss Stück für Stück Abschied nehmen, wenn der Abschied dran ist. Von einer Rolle, die nicht mehr passt. In der Familie oder im Beruf. Von dem Haus, das wir nicht mehr wirklich bewohnen. Von Dingen, die wir nicht wirklich brauchen. Von einem Lebenstraum, der nicht realistisch war. Von der Illusion, ewig jung zu sein. Abschied nehmen und für gute Rahmenbedingungen zu sorgen.

Atul Gawande ist Facharzt für Chirurgie an einer Klinik in Boston. Vor seiner medizinischen Ausbildung an der Harvard Medical School studierte der Sohn zweier Ärzte Philosophie und Ethik. In seinem eindrucksvollen Buch „Sterblich sein“ geht es um die Grenzen der Medizin. Ungewöhnlich offen spricht er darüber, was es bedeutet, alt zu werden, wie man mit Krankheiten und Gebrechen umgehen kann und was wir an unseren westlichen Gesundheitssystemen ändern müssen, um unser Leben würdevoll zu Ende zu bringen. Gawande erzählt von seinem Großvater, einem alten Inder, der es gewohnt war, jeden Morgen um die Felder zu reiten, die zu seinem Gut gehörten – um sich zu versichern, dass alles seinen Gang ging. Als er dabei vom Pferd gefallen war und sich verletzt hatte, empfahl ihm niemand aus der Verwandtschaft, diese Gewohnheit zu ändern, die doch so sehr zu seinem Selbstsein gehörte. Sie kauften ihm stattdessen ein Pony. Gelingendes Altern, so die Psychologen Baltes und Baltes, lässt sich nach dem Modell SOK beschreiben: Selektion, Optimierung, Kompensation: Wir machen uns unsere wichtigsten Ziele klar, wir passen unsere Strategien an und suchen nach Kompensation, wenn es auf dem alten Weg nicht mehr geht. Also: Pony statt Pferd. Wohnung mit Aufzug statt Haus. Bahnhofsnähe statt eigenes Auto.

„Da geht noch was“, heißt das Buch von Christine Westermann, das sie zu Ihrem 65. Geburtstag geschrieben hat. Darin erzählt sie, wie sie sich aufregt, weil eine Reportage, die sie kurz vorher über einen Klosteraufenthalt gedreht hat, folgendermaßen beworben wurde: Christine Westermann: „Wieviel Leben bleibt mir noch?“ Für einen Augenblick denkt sie über mögliche Reaktionen der Leserinnen nach. Möglichkeit 1, meint sie: Sie hat eine todbringende Krankheit. Möglichkeit 2: Sie ist stark vergreist und verabschiedet sich mit dieser Dokumentation. Und dann: „Wie viel Leben bleibt mir noch?“ Das ist keine Sinnfrage. Das ist eine Unsinnsfrage. Es geht mir nicht um das Wieviel. Das Wohin ist das Entscheidende, die Richtung, die ich meinem Leben noch geben will.“

  

2. Alter neu gestalten

Was füllt mein Leben aus? Was suche ich? Was machen andere? Das sind Fragen aus dem Projekt „Alter neu gestalten“ der Ev. Kirche in Württemberg. „Was füllt mein Leben aus? Was suche ich? Was machen andere? Geht da was zusammen? Und wie ist es mit dem Glauben?“ Die jungen Alten haben Lust auf Leben und einen neuen Aufbruch. Sie gehen selbstbewusst, kritisch und noch immer voll Energie in die dritte Lebensphase. Sie werden gebraucht und umworben. Sportvereine und Parteien, Schulen und Hospizvereine wissen: Mit den Angehörigen dieser so gesellschafts- und politikerfahrenen Generation lässt sich einiges auf die Beine stellen. Die Generation der 55- 69-jährigen engagiert sich besonders stark im sozialen Ehrenamt und im lokalen Bürgerengagement. Sie gründen Dorfläden, Nachbarschaftscafés oder fahren Bürgerbusse. Sie werden Leihomas oder Demenzbegleiter, organisieren Stadtspaziergänge oder engagieren sich kommunalpolitisch.

Ich will alt werden und sterben, wo ich gelebt habe“, schrieb vor 25 Jahren der Gütersloher Sozialpsychiater Klaus Dörner. Sein eingängiger Satz stand paradigmatisch für einen neuen Umgang mit Alter, Pflegebedürftigkeit und Sterben. Schon damals wollte die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zu Hause sterben – während die meisten tatsächlich in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen oder in Hospizen sterben. Wir wünschen uns Familienverhältnisse wie zuletzt in den 50er Jahren, als es selbstverständlich schien, dass Pflegebedürftige zu Hause von ihren Angehörigen versorgt wurden. Dass das Sterben professionalisiert, institutionalisiert und mediatisiert wurde, hat viele Gründe. Die medizinisch-technische Entwicklung ist nur einer davon. Nicht zu unterschätzen sind dabei die selbstverständliche Teilnahme von Frauen an der Erwerbsgesellschaft, die zunehmende Mobilität und eben auch der demographische Wandel. Wir werden älter, die Zahl der Pflegebedürftigen wächst, Familien werden vielfältiger und diejenigen, die Kinder erziehen, für Pflegebedürftige und Sterbende da sein können, sind finanziell benachteiligt und zeitlich in Zerreißproben. Die Wohnentfernung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern hat in den letzten Jahren ständig zugenommen. Damit haben zugleich die Möglichkeiten abgenommen, einander praktisch zu helfen – sei es bei der Betreuung der Enkel, sei es bei kleinen Hilfen im Haushalt.

Trotzdem soll niemand in ein Heim gehen müssen, nur weil er oder sie sich selbst nicht mehr versorgen kann. Weil die Wohnung keinen Aufzug hat oder weil wir mit Einkäufen oder Abrechnungen nicht mehr klarkommen. Denn „ein Zuhause ist der einzige Ort, wo die eigenen Prioritäten unbeschränkte Geltung haben“, schreibt Atul Gawande. „Zu Hause entscheidet man selbst, wie man seine Zeit verbringen will, wie man den zur Verfügung stehenden Platz aufteilt und wie man den eigenen Besitzt verwaltet.“ Wie Dörner möchte auch Gawande das Altenhilfe- und Pflegesystem verändern. Und tatsächlich hat sich ja in den letzten Jahren viel verändert: Es herrscht Übereinstimmung, dass die notwendigen Dienstleistungen möglichst zu den Menschen kommen sollen – und nicht länger umgekehrt.

Wenn wir wollen, dass wir alle auch im Alter möglichst lange in unserem Umfeld bleiben können, dann braucht es eine neue Kombination von Modulen der ambulanten und der stationären Versorgung. Es braucht gute Pflegeberatungsangebote. Außerdem Angebote mit Pools von Haushaltshilfen und anderen Dienstleistern, aber auch Ehrenamtliche in der Nachbarschaft. Notwendig ist zudem eine tragfähige Infrastruktur vor Ort mit der notwendigen Versorgung, öffentlichem Nahverkehr und Räumen der Begegnung, aber auch: eine aktive Bürgerschaft und die Beteiligung von Zugehörigen und Nachbarn. Es geht um wechselseitige Unterstützung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen – für sich selbst, für andere und auch für die gesellschaftliche Entwicklung. Wir reden von „Caring Communities“ – auf Deutsch von „Sorgenden Gemeinschaften“, von „Sorgenden Gemeinden“ oder auch von „lokalen Verantwortungsgemeinschaften“. Nicht nur Kommunen, auch Kirchengemeinden, Schulen und Unternehmen sind gefragt. Dabei sind die Handlungs- und Themenfelder, in denen sich eine Sorgende Gemeinschaft entfalten kann, ganz verschieden: Es geht um Kinder, um Menschen mit Behinderung, um Ältere und Geflüchtete, um Sterbende und Trauernde.

So wichtig es ist, Dienstleister für Hauswirtschaft, Pflege, Einkaufsdienste ins Quartier zu bringen, so sehr kommt es eben auch darauf an, dass wir füreinander einstehen – auch über die Generationen hinweg. Mehrgenerationenhäuser, Seniorenwohngemeinschaften und Genossenschaften sind im Aufwind. Die Idee hinter den neuen Wohnformen: starke Nachbarschaften, in denen man einander unterhalb der Schwelle professioneller und bezahlter Dienstleistungen wechselseitig hilft. So wie in den neuen Modellen des Zusammenwohnens von Älteren und Studentinnen, in denen die einen mietfreies Wohnen genießen und die anderen den einen oder anderen Dienst in ihrem Alltag; sie kaufen ein oder pflegen den Garten. Aber auch in den Stadtteilcafés, in Quartiersprojekten und bei Mittagstischen und Tafeln sind Sorgende Gemeinschaften entstanden. Und natürlich können auch ganz normale Nachbarschaften und Vereine zu Sorgenden Gemeinschaften werden.

Eine Studie zum Ehrenamtlichen Engagement in Deutschland zeigt: immerhin 25 Prozent engagieren sich in der nachbarschaftlichen Hilfe bei Einkäufen, Handwerksdiensten bis Kinderbetreuung – und es sind, bis auf die Unterstützung Pflegebedürftiger, mehr Männer als Frauen und eher Jüngere als Ältere. Und dabei zeigt sich: die wechselseitigen Unterstützungsleistungen verbessern die Lebensqualität aller Beteiligten. Die Revitalisierung der Nachbarschaften lebt vom bürgerschaftlichen Engagement. Es griffe aber zu kurz, bürgerschaftliches Engagement vor allem nach seinem gesellschaftlichen, sozialen oder kirchlichen Nutzen zu beurteilen. Menschen schenken Zeit für eine Aufgabe, die ihnen selbst am Herzen liegt. Und gerade die jungen Alten engagieren sich, weil ihnen klar ist, wie sehr wir aufeinander und auf ein Netzwerk angewiesen sind. „Ich für mich. Ich mit anderen für mich. Ich mit anderen für andere. Andere mit anderen für mich“ schreibt Margret Schunk aus dem Projekt „Alter neu gestalten“ in Württemberg. „Weil wir uns vorgenommen haben, etwas gemeinsam zu tun, was uns allen nützt, was uns allen hilft.In den Nachbarschaften zeigen sich aber auch die Grenzen des Informellen. Die Sorgenden Gemeinschaften brauchen Sorgestrukturen: Räume, Hauptamtliche, Schlüsselfiguren, die das Ehrenamt mit der hauptamtlichen Infrastruktur verknüpfen können. Die Förderung „Sorgender Gemeinschaften“ muss eingebettet sein in ein breit angelegtes Kommunalentwicklungsprogramm. Und dabei ist auch die Kirche gefragt. Denn Kirchen finden sich in jedem Dorf – oft als letzter Platz, der für alle offen ist.

 

3. Hochaltrige im Blick behalten

Im Sorgenbarometer der Bürgerinnen und Bürger steht die Frage nach der Versorgung im Alter oben. Der hohe Anteil der Bürgerinnen und Bürger, die den assistierten Suizid befürworten, zeigt in aller Schärfe die Herausforderung: Die Befragten bezweifeln, dass für sie gesorgt sein wird, wenn sie selbst nicht mehr für sich sorgen können. „Die mit einer Gesellschaft des langen Lebens verbundenen Herausforderungen verlangen nach einer Auseinandersetzung mit Fragen des Menschseins, mit dem Verständnis von Würde und mit den Vorstellungen eines guten und sinnerfüllten Lebens unter Bedingungen der Vulnerabilität. Vorstellungen von Leben und Autonomie, die den Beziehungscharakter menschlichen Lebens und dessen Angewiesenheit auf andere nicht einbezieht, sind unvollständig“, schreiben Thomas Klie und Andreas Kruse. Es ist schon merkwürdig, wie leicht wir diese Selbstverständlichkeit verdrängen – sie verschieben auf Alter und Pflegebedürftigkeit, obwohl wir auch im Beruf, im öffentlichen Verkehr, bei unseren Konsumgütern voneinander abhängig sind.

Ich erinnere mich an die Feierabendhäuser der Diakonissen in Kaiserswerth. Das Konzept glich einer offenen Wohngemeinschaft mit der Möglichkeit, sich selbst zu versorgen und ambulante Pflege zu bekommen. Es war schön zu sehen, wie viele Jüngere aus der Gemeinschaft sich dort Rat und Unterstützung holten. „Wenn ich selbst nicht zum Einkaufen komme“, sagte letztes Jahr eine jüngere, berufstätige Schwester „dann kaufen meine Feierabendschwestern für mich ein.“ Am Leben der Jüngeren Anteil zu nehmen, ist für die allermeisten alten und auch sehr alten Menschen ein zentraler Lebensinhalt. Die Hochaltrigenstudie der Universität Heidelberg von 2013 zeigt: 76 Prozent der befragten 80- bis 99-jährigen empfinden Freude und Erfüllung in emotional tieferen Begegnungen mit anderen Menschen, 61 Prozent im Engagement für andere Menschen und 60 Prozent haben das Bedürfnis, auch weiterhin gebraucht und geachtet zu werden. Unser Leben wird leer, wenn wir uns nicht mit anderen austauschen, uns nicht mehr berühren lassen; an Kindern sehen wir das sehr deutlich.

Besonders auffällig ist folgendes: Bei mehr als Dreivierteln der Heidelberger Befragten zwischen 80 und 99 steht die Todesnähe nicht im Vordergrund. Es ist auch nicht unbedingt die Angst vor Pflegebedürftigkeit – es ist das Gefühl, isoliert zu sein, abhängig und dabei allein, das vielen Menschen so große Angst macht. 85 Prozent der Befragten beschäftigen sich intensiv mit den Lebenswegen der nachfolgenden Generation – der Enkel und Urenkel. Der ehemalige Chefredakteur von Psychologie heute, Heiko Ernst, spricht in diesem Zusammenhang von Generativität. Dabei geht es nicht nur um die eigenen Kinder – es geht um die Zukunft der nächsten Generationen, die Zukunft unserer Städte und Dörfer, das Leben der Natur. „Generativität“, sagt Heiko Ernst, „ist unser Zukunftssinn. Wir richten das Denken über die eigene Existenz hinaus. Generativität ist die Fähigkeit, von sich selbst abzusehen, für andere da zu sein, sein Wissen und seine Erfahrungen weiter zu geben.“

Da ist so viel Potenzial. Und doch: „Die Hochbetagten, Dementen und Pflegebedürftigen sind von zunehmender Exklusion betroffen und brauchen Unterstützung, um auch weiterhin Teil der Gemeinde zu bleiben“ schreibt Eckart Hammer vom Projekt „Alter neu gestalten“. Dabei bedeutet alt zu werden ja nicht unbedingt Pflegebedürftigkeit und Demenz. Nur 15 Prozent der 80 -84-jährigen und 26 Prozent der 85 -89jährigen sind von Demenzerkrankungen betroffen. Und auch Pflegebedürftigkeit nimmt zwar mit dem Alter zu – aber bei den 80 bis 86-jährigen sind es 20 Prozent und erst über 85 steigt der Anteil auf 40 Prozent. Nein, es geht nicht unbedingt um Demenz und Pflegebedürftigkeit. Aber viele Menschen erleben, dass sie im Alter weniger mobil und weniger beweglich werden. Bei den über 70-jährigen ist der Anteil der Frauen, die den Führerschein besitzen, noch immer nicht so hoch wie in jüngeren Altersgruppen. 3,1 Mio. Männer, 2,3 Mio. Frauen zwischen 70 und 79 haben eine Fahrerlaubnis. Wenn der Auto fahrende Partner pflegebedürftig wird oder stirbt, gewinnt der Nahbereich zunehmende Bedeutung. Viele sehen jetzt mit Trauer und Sorge, wie die Wohnquartiere sich verändern – das Schrumpfen der ländlichen Räume, der demographische Wandel, aber auch Migration spielen dabei eine Rolle. So kann die alte Heimat fremd werden – und damit das „Identifikationsgehäuse“, der Ort, wo wir uns geistig, emotional und kulturell zu Hause fühlen, wo wir einen Referenzrahmen für Austausch und Teilhabe finden. Traditionell bietet Kirche einen solchen Referenzrahmen. Die Kirchen und Gemeindehäuser sind Kristallisationsort für Feste und Feiern, für herausgehobene Erfahrungen in der eigenen Lebensgeschichte, aber auch für Traditionen, die Halt geben. Gemeindehäuser können Gemeinwesenhäuser werden – Treffpunkte für die Älteren – genauso wie für junge Familien. Allerdings brauchen die Häuser barrierefreie Zugänge – im Blick auf die Architektur genauso wie auf Kommunikation, was Einschränkungen im Sehen oder Hören betrifft. Die Gruppen brauche Abholdienste, kleine Bürgerbusse vielleicht.

Die traditionellen Seniorenkreise lösen sich an vielerorts auf. Das hat damit zu tun, dass Ältere heute nicht mehr betreut werden wollen. Auch Bildungsprogramme stehen nicht mehr im Vordergrund. Aber für Menschen im Alter von plus/minus 80, Frauen und Männer, die unter zunehmenden Einschränkungen leiden und kaum noch mobil sind, kann ein Seniorencafé der Ort sein, wo nach ihnen gefragt wird, wenn sie fehlen. Da gibt es vielleicht Menschen, die sie im Krankenhaus anrufen oder auch im Pflegeheim besuchen. Darüber hinaus gibt es eine Fülle von Ideen, das Alter neu zu gestalten. Wöchentliche Mittagstische im Gemeindehaus, wo abwechselnd gekocht wird – manchmal einfach für eine Gruppe von Älteren, die nicht länger für sich allein kochen wollen. Oder auch im größeren Stil – vielleicht vernetzt mit einer Tafel, vielleicht mit einem Angebot für den nahegelegenen Kindergarten. Das kann allerdings nicht gelingen ohne ein gut organisiertes Ehrenamtsteam. Mir gefallen aber auch die Stadtspaziergänge mit Rollstuhl und Rollator wie der Wägelestreff in Gültlingen, Erzählcafés und Biografiewerkstätten. In Hamburg-Eilbeck gibt es eine Sütterlinstube, wo Ältere für Übersetzungsdienste zur Verfügung stehen, anderswo entstehen Schmökerstuben bei Café und Musik in der Gemeindebücherei – ganz ähnlich, wie es jetzt auch Stadtteilbibliotheken anbieten. Spannend finde ich auch das Begegnungscafé auf dem Friedhof in Kornwestheim. Denn tatsächlich ist ja der Friedhof, oft noch Gemeindefriedhof, ein gemeindlicher Anlaufpunkt, den wir als Kirche, aber auch als Gesellschaft vielleicht zu lange aus den Augen verloren hatten. Erst die Hospizbewegung mit ihren Trauergruppen und mit neuen Ritualen hat die Friedhöfe und die Friedhofskapellen in eine neues Licht gerückt.

 

4. Abschied nehmen

Die Fotoreporterin Maggie Steber hat ihre Mutter in den letzten Lebensjahren mit der Kamera begleitet. In einer Altenwohnung in Miami dokumentierte sie deren langsamen Abschied vom eigenen Ich. Madje, die Mutter, war an Demenz erkrankt. Maggie hatte immer ein distanziertes Verhältnis zu ihr gehabt. Das änderte sich. Während sie fotografierte, wuchs ein neues Verstehen. Man sieht es auf den Bildern: Wie königlich die Mutter, in eine blaue Decke gehüllt, auf der Matratze sitzt – zwischen ihren Katzen.

Es ist wunderbar, auf diese Weise Abschied nehmen zu dürfen. Wenn die Beziehung zueinander noch einmal vertieft wird, bevor sie endet. Wenn Versöhnung möglich wird, wo vorher Distanz und Unverständnis waren. Wunderbar, den eigenen Eltern noch einmal neu als erwachsene Menschen begegnen zu können, auch in Verletzungen, Hilflosigkeit und Angewiesenheit – und damit selbst endgültig erwachsen zu werden. So ging es mir auch und ich möchte die Tage und Wochen am Sterbebett meiner eigenen Mutter nicht missen. Sie starb in ihrem kleinen Appartement in einem der niedersächsischen Frauenklöster. Es war eine Zeit des Wandels und der Konzentration: Noch einmal leuchtete das Vergangene auf, noch einmal kamen Freunde und Verwandte – das Netzwerk, das ihr Leben trug, wurde noch einmal sichtbar. Liebe und Leben werden noch einmal ganz dicht, wenn es heißt Abschied zu nehmen. Was da geschieht, betrifft nicht nur den, der geht, sondern auch die, die bleiben. Der Sterbeprozess verändert auch das Leben der Angehörigen und Freunde. Es geht um eine große Verwandlung.

In ihrem Buch „Jeder Tag ist kostbar“ beschreibt auch Daniela Tausch-Flammer, wie die Begegnung mit dem Sterben ihrer Mutter sie verändert hat. „Ich war vorher jemand, der mit viel Angst im Leben stand. Angst vor der Dunkelheit. Angst, keinen Beruf zu bekommen. Angst keinen Ort zum Leben zu finden. Angst vor Begegnung. … Durch die Lupe des Todes weitete sich der Angstring, … hielt mich nicht länger gefangen. Durch das Bewusstwerden der Endlichkeit öffnete sich eine Tür zur Spiritualität. In mir wuchs das Vertrauen: Das, was dir passiert, wird stimmen. Ich begann zu vertrauen, dass ich in meinem Leben geführt werde, von Gott begleitet bin. … Dass angesichts des Todes vor allem die Momente zählen, in denen ich gewagt habe, mich offen zu zeigen.“

Wir wachsen und wandeln uns mit den Menschen, die uns am nächsten sind. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, wenn ein anderer geboren wird oder ein Mensch in unser Leben tritt, den wir lieben lernen. Mit und durch die anderen werden wir selbst ein anderer: bei einem Tod zur Waise, bei einer Geburt zu Mutter oder Vater, so werden wir Bräutigam oder Witwe, aber auch Freund oder Nachbarin – was an anderen geschieht, verwandelt auch uns. Denn wir werden am Du zum Ich, wir sind auf ein Gegenüber hin geschaffen, wie Emanuel Levinas und Martin Buber deutlich gemacht haben. Wenn unsere Beziehungen sich verändern, bleiben auch wir nicht, die wir waren. Wo diese Veränderungen in Liebe geschehen, versöhnt uns das mit den Wandlungsprozessen des Lebens. Der Segen, den wir einander im Abschied schenken, lässt uns zu unserer Mitte kommen, und neue Bilder vom Leben gewinnen, so wie sie die Fotografin Maggie Steber festgehalten hat. Von ihrer Mutter und von sich selbst.

Nicht immer allerdings sind Abschieds- und Sterbeprozesse so versöhnlich. Wie einverständig sie verlaufen können, wie gut es gelingt, dass die Sterbenden ruhig gehen und die Angehörigen sie in Frieden gehen lassen, und ob es möglich wird, durch den Schmerz zu einem neuen Leben zu finden, das hängt von vielen Faktoren ab. Wie alle Beteiligten die letzte Lebensphase eines Menschen erleben, das hat mit den individuellen Beziehungen zu tun, aber auch mit den Strukturen der Organisationen. Mit dem Gesundheitszustand der Sterbenden genauso wie mit dem der Angehörigen. Mit deren zeitlichen Ressourcen und ihren Verpflichtungen für die eigene Familie oder im beruflichen Bereich. Und nicht zuletzt auch mit finanziellen und rechtlichen Fragen.

Noch immer werden zwei Drittel der Pflegebedürftigen in Deutschland von Angehörigen gepflegt – in der Gemeinde also. Die Schwiegertöchter, die die kranke Mutter über Jahre pflegen, die Männer, die ihre Frauen pflegen – sie verzichten auf eigenes Einkommen und Karriere und werden oft nicht einmal gesehen. Neun Jahre dauert die häusliche Pflege im Durchschnitt. Viele geben ihr Äußerstes an Zeit und Energie. „Mutter, wann stirbst Du endlich?“, das Buch von Martina Rosenberg, ein Tabubruch, zeigt unübersehbar die Problematik. Die meisten Pflegenden verschwinden einfach aus dem Kollegen- und Freundeskreis, haben keine Zeit und kein Geld mehr für Einkaufsbummel und Geburtstagsbesuche, für Urlaub oder den Friseur.

Mit dem längeren Verbleib im Erwerbsleben und der steigenden Zahl pflegebedürftiger Hochaltriger stehen immer mehr Menschen vor der Herausforderung, Berufs- und Sorgetätigkeiten vereinbaren zu müssen. Das Vereinbarkeitsproblem, das wir meist im Kontext von Erziehungsaufgaben der 20-40-jährigen Eltern denken, gilt inzwischen für die Altersgruppe der 40- bis 65-jährigen Frauen, wenn es um die Betreuung der Enkel, die Unterstützung der betagten Eltern oder um häusliche Pflege geht. Ohne eine gute Infrastruktur und bezahlbare Dienstleistungen, ohne öffentliche Unterstützung wie Vereinbarkeitsregeln in der Wirtschaft ist die Pflege Angehöriger auf Dauer nicht zu leisten. Pflegende Angehörige sind wie die Pflegebedürftigen selbst von Exklusion betroffen.

 

5. Gemeinde als Caring Community

Mein Traum vom Älterwerden wäre, dass Menschen jeden Alters zusammenkommen und zusammenwachsen, so selbstverständlich wie dies in vielen Familien geschieht. Und dabei sollte weder Alter noch Krankheit Tabu sein“, sagt Erika Haffner aus Württemberg. Auf Schloss Blumenthal in Bayern haben sich Menschen zusammengetan, um miteinander anders zu leben. Eine bunte Mischung von Individualisten vom Parkettpfleger über den Mediziner, von der Hotelkauffrau bis zur Steuerfachangestellten und zur Yogalehrerin. Ihre Zukunftsvision ist ein Grundeinkommen für jedes Mitglied aus den Gewinnen der Betriebe und eine gemeinsame Altersversorgung. Auch für Menschen, die alleinerziehend mit Kindern leben, die in die dritte Lebensphase eintreten und damit rechnen, mehr Hilfe zu brauchen, für Menschen mit einer Behinderung oder für Singles, die einen Ort der Zugehörigkeit suchen, wird es heute wichtiger, darüber nachzudenken, wie sie leben und mit wem sie wohnen. „Wir stehen hier immer vor der Frage, wie sieht unsere Balance zwischen Ökonomie und Gemeinschaft aus“, sagt der Geschäftsführer des kleinen Dorfes, Martin Horack, der hier einst mit 8 Familien begann. Er trifft damit eine Grundfrage unserer Gesellschaften: Ökonomie und Sorge sind aus der Balance geraten.

Darin liegt auch eine Herausforderung für die Gemeinden. Denn die Pflegesituationen, von denen ich eben sprach, finden ja in den Häusern der Gemeinde statt. Zwischen den Ärzten vor Ort, den Pflegestationen und den Häusern sind unsichtbare Fäden gezogen. Führen sie auch zu den Nachbarn, in die Pfarr-und Gemeindehäuser? Manchmal müssen wir uns selbst in Erinnerung rufen, welches Kapital Gemeinden mitbringen – an Räumen, aber auch an Kontakten, Netzwerken und Beziehungen. Schließlich wohnen die Kirchenvorstandsmitglieder in der Nachbarschaft und manche arbeiten sogar noch in der Nähe. Und auch in den Elternräten der Schulen, in den Vorständen der Vereine sitzen Kirchenmitglieder. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen. Dafür gibt es gute Beispiele: die „Inklusive Solidarische Gemeinde in Reute“ zum Beispiel mit ganz unterschiedlichen Angeboten und über 80 Ehrenamtlichen aus allen Generationen. Ein Bürgerverein mit über 500 Mitgliedern unter dem Dach der katholischen Gemeinde, der vom Fahrdienst bis zum Besuchsdienst oder zu Oma-Opa-Enkel-Wanderungen immer neues organisiert – getragen von Beiträgen und Drittmitteln.

Gemeindehäuser, auch Kirchen können zu Stadtteilzentren werden, in denen Beratungsangebote, Cafés und Mittagstische oder Freiwilligenzentren Platz haben. Hier können Zukunftswerkstätten und Fortbildungen stattfinden, um Angehörige, Nachbarn und Ehrenamtliche zu stärken. Community Organising zeigt, wie es geht: Zuhören und Raum für Selbstorganisation geben, tatsächlichen und ideellen Raum: Ehrenamtliche fördern, Projekte professionell unterstützen – auch solche, deren Ort nicht die Kirche ist, sondern vielleicht ein Familienzentrum oder eine Schule. Aber auch ein kirchlicher Nachbarschaftsladen mitten im Wohnquartier kann Menschen anziehen. Wer eintritt, muss nicht schon bekannt sein, aber er kann andere kennenlernen – im Café, in einem Kurs, kann Hilfe bekommen oder mithelfen von der Kleiderkammer bis zum Familiennachmittag. Dabei können sich Kirchengemeinden auch mit Wohnungsbaugesellschaften oder Wohlfahrtsverbänden zusammentun. Wo Arbeit für alle Generationen geleistet wird, muss niemand das Gefühl haben, nur Hilfeempfänger zu sein. Kirchengemeinden können Caring Communities werden.

 

6. Frieden machen – worauf warten wir?

„Haben Sie schon einmal geträumt, sie müssten sterben, und was ist Ihnen dabei eingefallen“, heißt es in Max Frischs berühmten Fragebogen. „Was Sie hinterlassen? Die Weltlage? Eine Landschaft? Dass alles eitel war? Was ohne Sie nie zustande gekommen wäre? Die Unordnung in den Schubladen?“ Vielleicht kennen Sie diesen Fragebogen aus Frischs Tagebüchern – zu Freundschaft und Liebe, zum Geld und zum Tod. Wer ihn schon öfter gelesen hat, hat vielleicht entdeckt, wie sich die eigenen Antworten im Laufe des Lebens verändern. So wie sich die eigene „Löffelliste“ verändert – die Liste auf der Menschen notieren, was sie vor dem Tod noch sehen, erleben oder erreichen wollen, bevor sie den Löffel abgeben. Die „Bucket-List“ der beiden alten Männer aus dem Film „Das Beste kommt noch“: Klavierspielen lernen, nach Indien reisen, Versöhnung suchen: Manches stellt sich als unwichtig heraus – anderes wird immer drängender. Mit den Jahren verschieben sich auch die Prioritäten – es trennt sich die Spreu vom Weizen.

„Im Alter erzählt man sich sein Leben neu“, sagt die Autorin Ruth Klüger – „ich beurteile die Menschen anders, als ich sie vorher beurteilt habe. Das Alter gibt die Chance, auf das Ganze zu sehen, offener zu werden und großzügiger. Ich muss keine Angst um mein Ego mehr haben – ich kann einen Schritt zurücktreten und mich freuen, an dem was wird und geworden ist. Durch mich und auch durch andere.“ Die letzte Lebenszeit kann noch einmal ein ganz besonderer Entwicklungsschub sein. Dazu gehört auch, dass wir Versäumtes verabschieden und Verlorenes betrauern – Kinderlosigkeit oder der Verlust eines Lebenstraums sind eben nicht einfach „reparierbar“. „Es geht darum, zu reifen und zu vergeben“, sagt der Jesuit Piet von Bremen: „Vom Zustand des passiven Opfers ohne Kontrolle über die Gefühle hin zur Einsicht, dass wir selbst die Quelle unserer Gefühle sind. Vergebung ist die langsam wachsende Einsicht, dass wir den anderen Menschen nicht unter Kontrolle haben können.“ Das Leben nicht. Und den Tod auch nicht. Der Jesuit und Seelsorger weiß wohl, was für eine Herausforderung in dieser erneuten Konfrontation steckt – und ermutigt zugleich, über den eigenen Schatten zu springen, damit wir uns nicht endlos im Kreis drehen und die erlittene Kränkung beklagen. Es wird nicht gelingen, alles auszuräumen, was uns oder andere belastet – mancher Schmerz, mancher Ärger begleitet uns lebenslang wie ein alter Bruch, eine tiefe Narbe. Es genügt, zu akzeptieren, dass auch das zu uns gehört. Und damit Frieden zu machen.

In Seelsorge, Besuchsdienst und Hospizarbeit dürfen wir Menschen in diesem Prozess begleiten – hin zu der „Altersweisheit“, die die westlichen Gesellschaften lange aus dem Blick verloren hatten. Es geht um mehr als um Besuchsdienste in Einrichtungen der Altenhilfe – es geht um Räume, in denen die Älteren zum Subjekt werden und geben können. Das kann ein Samstagnachmittag sein, an dem Konfirmanden und ihre Großeltern über ihre Konfirmationssprüche ins Gespräch kommen. Jubiläum, bei denen das Leben der Älteren im Mittelpunkt steht. Kirchengemeinden haben viele Möglichkeiten, Angebote zu schaffen, in denen Menschen sich austauschen – auf Augenhöhe im Geben und Nehmen.

Jeder, der das letzte Kapitel des eigenen Lebens bewusst gestalten will, sollte die notwendige Unterstützung bekommen, um Beziehungen abzuschließen, das eigene Erbe zu regeln, mit Gottvertrauen ins Offene zu gehen und denen, die bleiben, Segen zu hinterlassen. Dabei denke ich nicht nur an professionelle Seelsorge. Auch Freiwillige können eine wichtige Rolle spielen. Solche mit einer seelsorglichen Ausbildung. Aber auch Musikerinnen und Musiker, die Harfe oder Flöte spielen, alte Lieder zum Klingen bringen. Oder Autorinnen, die anderen bei der Biographie-Arbeit helfen. Oder eine Malerin wie Kathrin Fester, die die blinde 106-jährige Frieda Mayer–Melikowa in einem Seniorenheim gezeichnet hat. „Ich empfinde meine Bilder als meine persönliche Würdigung des Lebens von Frau Mayer-Melikowa“, sagt Kathrin Feser, „eine Würdigung, die ihr in den langen Jahren ihres Lebens nicht zugekommen ist. (…) Vielleicht wird ja eines Tages eine ganz besondere Zeichnung entstehen und man wird sagen: Das war Frau Mayer-Melikowa. Sie ist sehr alt geworden und sie hat sehr viel in ihrem Leben durchgemacht. Aber sie hat an ihrem Glauben festgehalten. Und sie war ein liebenswerter Mensch.“ Es lohnt sich darüber nachzudenken, was wir für uns und für andere tun können, um das Leben noch einmal in ein neues Licht zu setzen. Reden und Zuhören, Musik machen, malen und schreiben. Ein Fest zusammen feiern oder auch eine Reise machen. Vielleicht schauen Sie selbst noch mal auf ihre Löffelliste. Und fragen die Menschen, die Ihnen anvertraut sind, danach.

„Manchmal ist es federleicht“, heißt das letzte Buch von Christine Westermann, von der ich am Anfang gesprochen habe. Da geht es um freiwillige und unvermeidliche Abschiede. Um den Abschied von ihrer Sendung „Zimmer frei“, den Abschied von Kollegen und Freundinnen. Christine Westermann erzählt, wie befreiend es sein kann, einen Wohnort oder eine Aufgabe hinter sich zu lassen, wie schmerzhaft, Freunde zu verlieren. Schließlich geht es um den eigenen Abschied. Den Abschied vom Leben. Was wäre, wenn sie um ihren Sterbetag, ihr Sterbejahr wüsste? „Das, was unter das Stichwort Erbe fällt, würde ich zu Lebzeiten unter die Leute bringen. Und wenn noch was übrigbleibt, ein Haus mit Blick aufs Meer mieten. Ach, mutiger würde ich sein, mir selbst vertrauen. Während ich das formuliere, frage ich mich, worauf warte ich noch? Ich habe doch nur noch ein paar tausend Tage. Erreiche ich das rein statistische Durchschnittsalter für Frauen, sind es von jetzt an gerechnet noch 13 Jahre – 4745 Tage.“ Sie hat Recht – ich denke noch einmal an mein Stück Zollstock. Wir sollten darüber reden, wie wir achtsam mit unserer Zeit umgehen.

„Nichts ist versprochen, aber vieles ist möglich“; schreiben Henning Scherf und Annelie Keil in ihrem Buch „Das letzte Tabu“. So merkwürdig es klingt: Kreativität ist gefragt“.

 

Cornelia Coenen-Marx, Zürich, 12.9.18