EKD warnt vor sozialer Spaltung in der Arbeitswelt

Neue Denkschrift zu Arbeit und Gewerkschaften veröffentlicht

Unter dem programmatischen Titel: „Solidarität und Selbstbestimmung im Wandel der Arbeitswelt“ hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine Denkschrift zu den Themen „Arbeit, Sozialpartnerschaften und Gewerkschaften“ veröffentlicht. Die heute in Frankfurt/Main vorgestellte Schrift benennt „evangelische Maßstäbe ethischer Verantwortung in der Arbeit“ für aktuelle Entwicklungen in der heutigen Arbeitswelt. Dabei würdigt sie ausdrücklich die Rolle der Gewerkschaften. Diese seien „Akteure für eine menschengerechte
Arbeitswelt“.
Die Denkschrift beruft sich auf die reformatorische Erkenntnis Martin Luthers, dass alle Menschen von Gott beauftragt sind, mit ihrem Beruf anderen zu dienen. Darin liege auch die Würde der Arbeit begründet: Als Gemeinschaftswerk aller müsse Arbeit in Selbstbestimmung, Kooperation und Solidarität erbracht werden können. „Nicht das rastlose Tätigsein als solches ist das Ideal des Christlichen, sondern die sinnvolle Einbeziehung aller
Menschen in eine Wirtschaft, die mit allen geschieht“, betonte der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm. Im Zentrum der Arbeitsorganisation müsse der einzelne Mensch stehen.
Im Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der Wirtschaft kritisiert die Denkschrift vor allem die gewachsene soziale Ungleichheit. Zwar sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt insgesamt erfreulich. Gleichzeitig sei die Zahl atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse
jedoch angestiegen. Die Folge sei das Anwachsen eines Niedriglohnsektors.
Als problematisch bezeichnet die Denkschrift die unterschiedliche Entwicklung von Kapital und Arbeitseinkommen sowie die gestiegene Einkommensungleichheit. Gerade in der Arbeit gelte es weiter, Armut zu bekämpfen, so Bedford-Strohm. „Die Grenze ist erreicht, wenn sich
ein einzelner Mensch von seiner Vollzeitarbeit nicht ernähren kann.“ Der Mindestlohn sei in dieser Hinsicht hilfreich, aber nicht ausreichend. „Befristete Verträge, Leiharbeit und Werkverträge gehören auf den Prüfstand“, heißt es in der EKD-Denkschrift.
Die Denkschrift betont auch die gemeinsamen Aufgaben von Kirche und Gewerkschaften in der Umsetzung einer Gesellschaft der „gerechten Teilhabe“. „Mitarbeit in den Gewerkschaften ist für christliche Arbeitnehmer wesentlicher Ausdruck ihres Berufsethos.“
Dies gelte, obwohl es in Sachen Streikrecht zwischen Gewerkschaft und Kirche bzw. Diakonie unterschiedliche Auffassungen gebe.

Die Denkschrift ist im Gütersloher Verlagshaus erschienen und kostet 5,99 € bzw.
4,99 € (e-book). Im Internet steht der Text unter www.ekd.de/ekdtexte/solidaritaet_und_selbstbestimmung.html zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Hannover, 28. April 2015
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt