Newsletter Nr. 13/ Oktober 2018

Brennende Themen. Ideen, Inspirationen und Projekte aus Kirche und Diakonie


THEMENÜBERSICHT IN DIESEM NEWSLETTER:
 ERNTEDANK ★ 100 JAHRE FRAUENWAHLRECHT  ★ EHRENAMTLICHES ENGAGEMENT ★  WOHNEN UND NACHBARSCHAFTEN  ★  CARING COMMUNITYS ★ TÄGLICHES HELDENTUM


Erntedank

„Herr: es ist Zeit, der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los“, schrieb Rainer Maria Rilke 1902 in seinem Gedicht „Herbsttag“. Ich habe mich richtig gefreut, als Ende September endlich Wind und Regen an unseren Fenstern rüttelten und die Strandkörbe an der Küste vor sich her schubsten. Dieser Sommer war ohne Zweifel zu groß, zu trocken und zu heiß für unsere Breiten. Noch bei Beginn des Herbstes waren kaum zwei Stunden nördlich von Hannover mehr als tausend Feuerwehrleute im Einsatz, um 800 Hektar Torf zu löschen – ein Moorbrand nach Raketentests. Und nach der anhaltenden Dürre in Schleswig-Holstein rechnen die Bauern mit Ernteausfällen bis zu 50 Prozent. Von der Versicherungswirtschaft wird der Wert der Ernteausfälle auf zwei Milliarden Euro beziffert. Trotzdem hat niemand von uns Angst vor Hunger, nirgendwo werden die Mahlzeiten rationiert wie im Kriegswinter 1916. „Die gesamte Geschichte hindurch hatten die Menschen das Gefühl, Hunger, Krankheit und Krieg seien unlösbare Probleme, also müssen sie gar nicht erst versuchen, ihnen ein Ende zu machen. Die Menschen beteten zu Gott, er möge Wunder wirken, doch sie selbst unternahmen keine ernsthaften Versuche, Hunger, Krankheit und Krieg auszurotten. Wer behauptet, die Welt des Jahres 2016 sei genauso hungrig, krank und gewalttätig, wie sie es 1916 war, der hält an dieser uralten defätistischen Sichtweise fest.“ Yuval Noah Harari, der das in seinem Buch „Homo deus“ geschrieben hat, macht Mut, die Möglichkeiten von Wissenschaft und Technik verantwortlich einzusetzen. Möglichkeiten allerdings, die selbst bedrohlich wirken können. Als ich das Buch in diesem Sommer las, hat sich bei mir der Eindruck verstärkt, dass wir inzwischen defätistisch mit dem Klimawandel umgehen. „Von Gott kommt alles her“, sagt unsere Erntedankfrömmigkeit. „Wachstum und Gedeihen, aber auch Regen und Dürre liegen in Gottes Hand.“ Da hat sich inzwischen viel geändert – ganz ähnlich wie im Blick auf unsere Gesundheit. Unsere Verantwortung für den Klimawandel ist inzwischen nicht mehr strittig – jetzt geht es um die notwendigen politischen Entscheidungen, vor allem aber um den Mentalitätswandel.

Über christliche Perspektiven für eine Kultur der Nachhaltigkeit denken die Autoren in dem kürzlich erschienenen, von Brigitte Bertelmann und Klaus Heidel herausgegebenen Buch „Leben im Anthropozän“ (München 2018) nach, an dem ich mitarbeiten durfte („Are the churches prepared to take a risk? Sieben Thesen zu den Herausforderungen der Transformation für Kirche und Theologie“ ist der Titel meines Beitrags). Neugierig bin ich auch auf Yuval Noah Hararis neustes Buch, „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ (München 2018), das bisher noch auf meinem Nachttisch liegt. In seiner Ethik ohne Religion und Tabus setzt er nun auf Meditation.

Und ja, wir feiern auch und gerade in diesem Jahr Erntedank: am 30. September um 10.00 Uhr auf Gut Heitlingen. Und nehmen das Fest zum Anlass, uns des Reichtums und der Schönheit unserer Erde erneut bewusst zu werden – und unserer Verantwortung für sie.

 

Erntedank der Frauenbewegung

Am Ende unserer Bretagne-Reise in diesem Sommer ‎haben wir Amiens mit dem herrlichen gotischen Dom besucht. Hier fand im Sommer 1918 die kriegsentscheidende Schlacht an der Somme statt – auf die Niederlage der deutschen Truppen folgten die Novemberrevolution und die Geburt der Weimarer Republik. Die Bücher, die zurzeit über diese nun hundert Jahre zurückliegenden Ereignisse erscheinen, erinnern daran, dass wir auch auf politischem Feld Sturm säen oder mit Umsicht für eine gute Ernte sorgen können. Dank der Weimarer Verfassung zogen 1918 zum ersten Mal Frauen in die deutschen Parlamente ein. Diese Repräsentanz war das Ergebnis einer langen zivilgesellschaftlichen Vorgeschichte, des politischen Kampfes von Frauen wie Louise Otto-Peters, Hedwig Dohm („Die Menschenrechte haben kein Geschlecht“), Marie Stritt oder Clara Zetkin. „Was diese Regierung getan hat, war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorbehalten worden war“, sagte die Sozialdemokratin Marie Juchacz bei ihrer Debütrede im Reichstag. Leider erleben wir zurzeit Rückschritt oder Stillstand: Auch wegen des geringen Frauenanteils bei AfD und FDP sind nur noch 30,7 Prozent der Abgeordneten Frauen – der Wert ist auf den der Legislaturperiode 98/2002 zurückgefallen. Und auch in der Kirche geht es seit einigen Jahren nicht weiter, was Frauen in leitenden geistlichen Ämtern oder auch in den Leitungsgremien auf der mittleren Ebene angeht. Vielleicht ist wieder einmal zivilgesellschaftliche und sozialpolitische Arbeit gefragt? Hier sind auch Männer gefordert, damit Frauen Möglichkeitsräume haben. Viele, die gebeten werden, einen Sitz im Leitungsgremium des Kirchenkreises oder einer Landessynode zu übernehmen, schrecken vor der Dreifachbelastung zurück, die damit verbunden ist: Beruf, Familie und Ehrenamt zu vereinbaren, ist gerade für Frauen nach wie vor schwer, weil der größte Teil der Haus- und Familienarbeit noch immer von ihnen gestemmt wird und weil die Kultur der Arbeitswelt weiterhin auf den „Hauptverdiener“ ausgerichtet ist, dem zu Hause der Rücken frei gehalten wird. Das zu ändern, ist unsere zivilgesellschaftliche Aufgabe, die nicht nur der politischen Repräsentanz (die viel Zeit an Abenden und Wochenenden fordert), sondern auch den Karrieremöglichkeiten von Frauen zugute käme.

Es geht um Pflegepolitik genauso wie um die Zahl und Gestaltung von Tageseinrichtungen und Schulen – auch in Stadträten lässt sich daran etwas ändern. Und in all dem geht es um Zeitpolitik, nämlich um die Zeit für die Sorgearbeit, die immer noch im Schatten steht. Schon Tony Sender, Politikerin und Journalistin, beklagte sich nach ihrer Emigration in die USA 1935 über die extrem langen Arbeitszeiten der Frauen in ihrem politischen Engagement. (Von ihr und anderen engagierten Frauen erzählt Kerstin Wolff, „Unsere Stimme zählt! Die Geschichte des deutschen Frauenwahlrechts“, Kassel 2018.) Über die Situation heute schreibe ich zusammen mit anderen Frauen im Blog der evangelischen Erwachsenenbildung in Kurhessen-Waldeck.

 

 

Ehrenamtsvorträge und Workshops

Bei meinen Vorträgen und Workshops zum Thema Ehrenamt sind meist zwei Drittel der Teilnehmenden Frauen. Kein Wunder: Nach wie vor tragen Frauen das soziale Ehrenamt und auch in den Kirchen sind sie besonders engagiert. Angesichts der Rollen in Beruf und Familie, aber auch angesichts der neuen Familienformen und des demografischen Wandels mit der steigenden Zahl Pflegebedürftiger werden wir über neue Anreize und Entlastungen für Männer und Frauen nachdenken müssen. Und dabei geht es auch um das Problem, dass Frauen sich gegen Ende der Berufskarriere benachteiligt fühlen, wenn ihnen angesichts der geringen Rentenzahlung klar wird, dass Sorgearbeit wie soziales Engagement finanziell nicht honoriert wird. Ob Ehrenamt eine Armutsfalle ist, darum ging es bei einem Workshop, den ich auf dem Tag des Frauenwerks in Hannover gestaltet habe (hier  mein Interview zu diesem Thema mit der Evangelischen Zeitung). Sollen wir also Ehrenamtliche bezahlen? Und wenn ja, welche und nach welchen Kriterien? Um die strittige Frage der Monetarisierung geht es beim Fachtag der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland am 10. November in Halle . Und auch die Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen ist ein nicht immer konfliktfreies Thema, seitdem manche Engagierte das Gefühl haben, sie seien der billige Jakob eines ausblutenden Sozialstaats. Trotzdem: Wir engagieren uns, weil es Spaß macht und weil es gut tut. Und werden in diesem Engagement auch zusehends selbstbewusster. (Auf einem Forum der Initiative engagiert mitgestalten der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck habe ich Zehn Tipps  für die Zusammenarbeit zwischen beiden Gruppen in der Kirche formuliert.) Wir wollen nicht länger Leistung allein nach Kriterien von Input, Output und Effektivität wie in der Erwerbsarbeit gemessen sehen. Auch in der Wirtschaftswissenschaft gibt es seit einiger Zeit Ansätze, den Wert geleisteter Arbeit einer Gesellschaft neu zu denken, nämlich nicht mehr im BIP, sondern im Nationalen Wohlfahrtsindex, der den enormen Beitrag von Familien- und ehrenamtlicher Arbeit ebenso mit einrechnet wie die Kosten des Wirtschaftens für die Umwelt. Neu denken zu lernen, darum geht es auch in meinen verschiedenen Vorträgen, Seminaren und Workshops  in diesem Themenbereich. Vielleicht interessiert Sie zu diesem Thema auch mein Vortrag „Dranbleiben und neue Wege entdecken. Chancen und Herausforderungen einer älter werdenden Mitarbeiterschaft“Wenn Sie Interesse an einem Vortrag, Fachtag oder Workshop hierzu oder zum Thema Ehrenamt haben, sprechen Sie mich doch gern an. Hier noch zwei Lektüretipps: Unter der Frage „Was tun mit meiner freien Zeit“ finden Sie einen Artikel von mir im aktuellen Heft von Praxis Gemeindepädagogik . Und das aktuelle Dossier des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement untersucht – übrigens aus multireligiöser Perspektive – die „Verbindung von Kirche und Zivilgesellschaft, Aspekte der evangelischen Kirche als Kraft in der Zivilgesellschaft, kirchliche und religiöse Anerkennungskulturen bürgerschaftlichen Engagements sowie Religion in der Zivilgesellschaftsforschung“. Welche zivilgesellschaftliche Initiative aus Ihrer Sicht einen Preis verdient hat, darüber können Sie hier bis zum 22. Oktober abstimmen.

 

Wer jetzt kein Haus hat

„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben“, heißt es in Rilkes „Herbsttag“. Allein in Berlin leben rund 37.000 Wohnungslose, fast ein Viertel davon mit Kindern. Die Zahl der Wohnungslosen hat sich zwischen 2014 und 2017 vervierfacht. Manchmal, wenn ein Mensch erfriert, weil Unterkünfte fehlen, oder wenn jemand im S-Bahnhof einem Brandanschlag zum Opfer fällt, erschrickt die Gesellschaft kurz. Über die Menschenverachtung, die Schutzlosigkeit. Wohnen ist Menschenrecht. Und doch machen die langen Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen mutlos. Erfahrungen mit Wucherpreisen und Entmietung machen wütend. Die Preise für Baukosten und Wohnen gehen durch die Decke. „Ausspekuliert“ war das Motto der Mieterdemo in München, zu der ca. 7.000 Menschen kamen. Auf dem Wohngipfel Ende September verkündete die Regierung ihre Wohnraumoffensive. Mit Sonderabschreibung für den Bau von Mietwohnungen und mit Baukindergeld. Ob all das am Ende den Familien mit kleinen und mittleren Einkommen, den Mietern und den Wohnungssuchenden hilft, bleibt strittig. Dabei brennt die Hütte. Es kann doch nicht sein, dass Familien aufs Land ziehen, weil sie sich die Miete in der Stadt nicht leisten können – und jetzt mit ihrem Dieselauto gar nicht mehr reinkommen in die Stadt. Es kann doch nicht sein, dass Studierende in den Unis campen müssen. Oder dass ältere Menschen sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können, wenn der Partner ins Heim muss oder stirbt. Irgendetwas läuft grundsätzlich falsch. Die Probleme beim Bauen und Mieten sind ein Spiegel unserer Gesellschaft: Von Kreuzberg bis St. Pauli werden Stadtviertel saniert – die, die dort zuhause waren, müssen raus. Der Wohnqualität, dem sozialen Miteinander tut das nicht gut. Und auch das Klima leidet, wenn immer mehr Menschen pendeln. Aber viele Städte sind wie gelähmt. Sie haben in Zeiten knapper Kassen Wohnungsbestände veräußert oder lange nicht mehr gebaut; es fehlt an Ressourcen. Übrigens auch an barrierearmen Wohnungen für Ältere und Menschen mit Behinderung. Wohnen ist wieder zur sozialen Frage geworden – und zugleich zu einer ökologischen. Nach einem Bericht von epd sozial müssen die Anstrengungen entschieden verstärkt werden, um der Wohnungsnot tatsächlich zu begegnen. Dass wir einen Platz haben in Gottes Haus, gehört zu seinen größten Versprechen: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen.“ In unseren Städten sieht es anders aus. Mit ihrem Land und mit ihren kirchlichen Häusern können Gemeinden dazu beitragen, dass die Situation sich entspannt. Fragen der Entwicklung des Gemeinwesens werden auf dem Fachtag von Wir sind Nachbarn. Alle am 14. November verhandelt, auf dem ich mit einem Vortrag beteiligt bin.

 

Caring Communitys und Hospizliche Arbeit

Es geht nicht nur um Immobilien, sondern auch um das Miteinander in der Nachbarschaft. Auf einer Tagung zu Caring Communitys in Zürich habe ich die Gemeindeinitiative der Pfarrei Seebach mit Martin Piller kennengelernt. Hier haben sich benachbarte kleine christliche Gemeinschaften zusammengeschlossen , um einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu gehen. Die Tagung drehte sich um Caring Communitys in einer älter werdenden Gesellschaft, in der auch die Zahl der Pflegebedürftigen zunimmt. Was Klaus Dörner vor fünfundzwanzig Jahren forderte, soll nun endlich Wirklichkeit werden. Aber wie muss eine Gesellschaft aussehen, wohin müssen die Nachbarschaften sich entwickeln, damit Menschen tatsächlich „alt werden und sterben können, wo sie gelebt haben“? Auf der Zürcher Tagung stellten sich spannende Projekte vor – darunter auch eines für Ehrenamtliche und pflegende Angehörige , das von der Hochschule für Gesundheit Freiburg, der Theologischen Fakultät in Zürich und der Reformierten Kirchgemeinde Vechingen entwickelt wurde. Auch in der bundesdeutschen Politik werden neue Anstrengungen unternommen, mit Beeinträchtigungen wie Demenz und Pflegebedürftigkeit menschlich und gemeinschaftlich umzugehen, beispielsweise mit der gerade auf den Weg gebrachten nationalen Demenzstrategie. Es geht darum, dass Tod und Sterben wieder Teil unserer Gesellschaft werden. In ihrer Unberechenbarkeit, mit all dem, was wir eben nicht planen können. Das Wandfresko „Totentanz“ aus der Bretagne vom Ende des 15. Jahrhunderts – eines der wenigen erhaltenen in Mitteleuropa –, in dem Menschen aller Stände eingereiht gehen mit dem Tod, erzählt von einer Zeit, in der die Angst vor dem Tod das Miteinander nicht zerstören konnte, weil die Menschen Sterblichkeit und Endlichkeit im Gegenteil als Hinweis auf Gleichheit und Mahnung zu Empathie und Solidarität begriffen.

Die Initiative Tavolata  des schweizerischen Genossenschaftsbundes Migros  unterstützt selbstorganisierte Mittagstische im ganzen Land. Beim gemeinsamen Kochen, Essen, Reden bildet sich Nachbarschaft, ein selbstverständliches Miteinander, das auch in schwierigen Situationen trägt. Im nächsten Jahr werde ich Tavolata mit einem Vortrag besuchen. Schon jetzt überlegen wir mit den Initiatoren, ob sich eine solche Kooperation auf Deutschland übertragen lässt. Vielleicht ist auch Neu-Isenburg ein Beispiel für eine alterssensible Kommune. Was alles möglich ist, darüber spreche ich am 24. November um 11.00 Uhr zum Thema „Älter werden in Neu-Isenburg“. Gern mache ich an dieser Stelle auch auf die Fortbildung des Johanneswerks in Bielefeld aufmerksam: Qualifiziert fürs Quartier . Und weil es immer öfter um hospizliche Arbeit mit Älteren geht, noch ein Buchtipp: Hans Bartosch, Krankenhauspfarrer in den Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg, wo ich im Kuratorium mitarbeite, hat ein bemerkenswertes und inspirierendes „Tagebuch“ über seine Arbeit und die Gespräche mit Patienten geschrieben: „Was noch erzählt werden muss“ (Frankfurt am Main 2018) ist Zeitgeschichte im Brennspiegel des Krankenbetts. Übrigens gibt es bei den Pfeifferschen Stiftungen auch einen „Letzte Hilfe-Kurs“ – ganz sicher ein Modell für viele Gemeinden, das nun auch in der Schweiz weiter verbreitet wird. Zuhören, was Menschen zu erzählen haben, das gehört zu den größten Herausforderungen und Aufgaben von Kirche und Diakonie. Auch Ulrich Lilie, der Diakoniepräsident, hat gerade ein Buch dazu geschrieben: „Unerhört! Von Verlieren und Finden des Zusammenhalts“ (Freiburg 2018), in dem er auch die Diakoniekampagne „Unerhört“ aufgreift. Die von Tagesschau und Tagesthemen gemeinsam mit Zeit online und zahlreichen weiteren Medien organisierte Aktion „Deutschland spricht“, die vom Bundespräsidenten eröffnet wurde und Menschen unterschiedlicher Einstellungen ins Gespräch zu bringen versucht, passt wie ein Spiegel dazu.

Ob Nachbarschaft und Engagement gelingen, hat viel mit der Situation der Familien zu tun. Das gilt auch für die Zukunft der Gemeinden. Was können Gemeinden tun, damit Familien Entlastung finden? Der Nicht-Studientag Familienfreundliche Kirche  am 19. November in Nürnberg geht diesen Fragen in der innovativen Form eines Barcamps nach. Zum Auftakt halte ich am Montagabend um 18:30 Uhr einen Vortrag über „Die Bedürfnisse von Familien und der Auftrag der Kirche“.

 

Tägliches Heldentum

Manche werden im Herbst wieder ein paar Tage Urlaub machen. Noch einmal Sonne tanken, bevor der Winter wirklich beginnt. Ich freue mich wieder auf eine Auszeit zum Schreiben; es muss ja nicht eine Burg sein wie diese in der Bretagne. Hier im Château de la Hunaudaye fanden wir eine Ausstellung über die „Heldenreise“ – von Parceval, dessen Legende mit der Bretagne in Verbindung gebracht wird, bis zu Sundiata, dem König des Reichs Mali. Eine eindrucksvolle globale Illustration von Joseph Campbells inspirierendem Buch „Der Heros in tausend Gestalten“, (Frankfurt am Main 2011), das den inneren Stationen der „Heldenreise“ jedes und jeder Einzelnen nachgeht. Coaches wie Filmemacher und Schriftstellerinnen haben davon profitiert. Seit diesem Sommer in der Bretagne liegt es auf meinem Schreibtisch, während ich mich an einem ganz neuen Text versuche. Allen, die in diesem Herbst ein paar freie Tage genießen, wünsche ich viel Inspiration. Vielleicht in einem schönen Hotel in Zürich? Das St. Josef  mit dem Restaurant Time-Out war einmal eine katholische Schule und liegt ganz in der Nähe der katholischen Studentengemeinde wie der Reformierten Kirche.

„… wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blättern treiben“, endet Rilkes Gedicht. Vielleicht laden Sie die Zeilen auch ein zu einer produktiven Unruhe und zu Inspiration anlässlich des Erntedankfestes und des kommenden Reformationstages, der ja hier im Norden zum ersten Mal ein staatlicher Feiertag ist.

Zum Schluss daher noch zwei Lesetipps: „Gott. Woran glauben Christen?“ und „Mensch. Christliches Menschenbild heute?“ hat meine Kollegin Doris Nauer gefragt und diese Fragen jeweils „Verständlich erläutert für Neugierige“  (Stuttgart 2017, 2018). Vielleicht haben Sie aber auch Lust, selbst darüber nachzudenken, „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“. Unter diesem Titel hat die Reformierte Kirche des Kantons Zürich einen Schreibwettbewerb ausgeschrieben . Einsendeschluss ist der 1. Januar 2019.

Am Reformationstag bin ich übrigens wieder im Rheinland, bei Bonn. Bei der Reformationsfeier in der Evangelischen Stadtkirche in Troisdorf spreche ich über Solidarität – über Wohnen, Nachbarschaften und Pflege zum Beispiel. Und über die Frage, was wir tun können, um den Zusammenhalt zu stärken: Vielleicht sehen wir uns am 31. Oktober um 19 Uhr .

Die Fotos in diesem Newsletter sollen etwas von meinen herrlichen Sommertagen in der Bretagne nachklingen lassen. Ihnen noch sonnige Herbsttage, bevor dann alle Blätter fallen!

Ihre Cornelia Coenen-Marx

 

 

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