Newsletter Nr. 12 / Juni 2018

Brennende Themen. Ideen, Inspirationen und Projekte aus Kirche und Diakonie


THEMENÜBERSICHT IN DIESEM NEWSLETTER:
 NACH DER INDUSTRIEARBEIT  BRÜCKEN BAUEN  CARING COMMUNITYS  PFLEGE UND GENOSSENSCHAFTEN  LIEBE UND GELD IM EHRENAMT  DAS WISSEN DER ÄLTEREN 


Die Feuer erlöschen. Nach dem Ende der Industriearbeit

Mit der Schließung der letzten Zeche Prosper-Haniel in Bottrop endet dieses Jahr der Steinkohlebergbau im Ruhrgebiet. Inzwischen hat die sogenannte Kohlekommission ihre Arbeit aufgenommen, bei deren Kohleausstiegspfad es auch um die Braunkohle in der Lausitz geht. Um des Klimas willen, das auch in dem umständlichen offiziellen Titel gar nicht vorkommt … „Hömma! Dat ist hier nich für zum Spaß“ steht auf einer Karte, die ich neulich am Bahnhof in Oberhausen entdeckte. Die Prospekte, die im Hotel am Centro ausliegen, erzählen etwas anderes: Das Ruhrgebiet als Freizeitlandschaft. Gasometer und Fördertürme sind längst Museen. Wie geht es weiter mit der Region – was brauchen die Menschen? Auf dem Forum des Verbands Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt, wo das diskutiert wurde, pendelten die Lösungsversuche zwischen den Extremen, zwischen Industriearbeit – ganz gleich, ob Pharma-, Energie-, Biotechnologie- oder Kohleindustrie – und Bedingungslosem Grundeinkommen für eine tief gespaltene Gesellschaft. Und ich erinnerte mich an die Debatten Mitte der neunziger Jahre, als es um Oberhausens Zukunft ging, um die „Neue Mitte“, das Shopping- und Vergnügungszentrum, das Menschen vom ganzen Niederrhein anziehen sollte, während die Quartiere in der Innenstadt ausbluteten. Damals entschloss sich der Kirchenkreis nach langen Debatten, ein ökumenisches Kirchenzentrum im „Centro“ einzurichten. Die Diskussion drehte sich um die Frage, was Mittelpunkt unserer Städte ist und was die Menschen zusammenhält. Shoppingmalls statt Fördertürmen?

Die Menschen, die hier malochten, kamen von überall her. Hier gibt es Döner wie Frikadellen zum Bier und immer Pommes rot-weiß. Handfeste Vielfalt und klare Ansagen. Aber seit die Feuer erloschen sind, ist das Miteinander angeschlagen. Ob die Kirchen daran etwas ändern? Nicht nur in Duisburg-Bruckhausen, wo schon vor fünfundzwanzig Jahren achtzig Prozent der Kinder im evangelischen Kindergarten muslimisch waren, wurden Kirchen aufgegeben und Gemeinden zusammengeschlossen. Die meist älteren Gemeindemitglieder, die in den schrumpfenden Regionen zurückgeblieben waren, fühlten sich verlassen. Es hätte ein Warnsignal sein müssen, als damals in Duisburg der Streit um den lautsprecherverstärkten Gebetsruf losbrach. Vierzig Moscheen hatte irgendwer gezählt. In den Quartieren, wo noch bis in die neunziger Jahre die Sozialdemokratie stark war, wird heute AfD gewählt. Es gebe inzwischen eine Art „heimatlosen Antikapitalismus“, der zum Treiber der rechtspopulistischen Bewegungen werde, sagt Heinz Bude in der taz. Dahinter steht die diffuse Erfahrung, dass die Märkte nicht nur den Wettbewerb um Produkte, Dienstleistungen, Arbeitsplätze antreiben, sondern längst auf Lebensbereiche übergreifen, die bislang öffentlich und solidarisch organisiert waren. Aber es gibt auch die Gegenbewegungen. „Eine Stadt ist dann gut, wenn sie Menschen miteinander verbindet“, sagt der Psychiater Mazda Adli von der Fliedner Klinik in Berlin. Wenn man auch mal Bänke zusammenschieben und zusammensitzen kann. Immer mehr Autoren sehen das Quartier als den Ort, an dem die Demokratie gestärkt werden kann. Welche Aufgaben dabei der Staat und die öffentlichen Institutionen anpacken müssen und wie sich ihr Dialog mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen gestalten ließe, darum geht es in dem maßgeblich von Konrad Hummel mit verfassten Appell von Mannheim. Das ökumenische Kirchenzentrum am Centro in Oberhausen ist übrigens Wirklichkeit geworden.

 

Kirchen schließt man nicht – vom Zauber der Verwandlung

„Kirchen schließt man nicht – Aufbruch statt Abbruch“ ist der Titel einer Tagung im November in Wuppertal. Es geht um die Frage, wie Kirchenkreise und Gemeinden ihre Immobilien und ihr Sozialkapital nutzen können, um Zusammenhalt zu stiften, statt über schrumpfende Mitgliederzahlen zu klagen und die verbliebenen Häuser wie Klubräume zu nutzen. Ein gutes Beispiel wurde kürzlich auf dem Seniorentag in Dortmund vorgestellt: das Bonni in Gelsenkirchen-Hassel. Da hat die Bürgerstiftung Wir in Hassel ein Gemeindehaus übernommen und zum Gemeinwesenzentrum weiterentwickelt: mit Fahrradwerkstatt und Kantine für die Schule, mit kleinem Theater und Generationentreffs. Und auch mit Gottesdiensten – im Zentrum und auf dem nahe gelegenen Markt. Zum Trägerverein gehören auch der Mineralölkonzern BP und die DITIP mit der Türkisch Islamischen Gemeinde Hassel. Das blieb nicht ohne Kritik. Aber Kirche hat sich hier neu entdeckt: als Plattform für Teilhabeprozesse, als Lebensmittelpunkt, als Ermöglicherin und Herberge auf dem Weg.

 

Alter neu gestalten: Caring Communitys

Es ist kein Zufall, dass das Bonni – der Name erinnert an Dietrich Bonhoeffer, dem Kirche für andere und mit anderen so wichtig war – beim Zentrum der Kirchlichen Altenarbeit auf dem Seniorentag in Dortmund vorgestellt wurde (hier zur Rückschau auf den auch insgesamt sehr inspirierenden Seniorentag 2018, den Bundespräsident Frank Walter Steinmeier am 28. Mai eröffnete). „Brücken bauen“ war das zentrale Motiv der Abschlusserklärung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und ihrer 117 Mitgliedsorganisationen. Damit sollen nicht nur Seniorinnen und Senioren, sondern Menschen jeden Alters ermutigt werden, auf andere zuzugehen und Teil einer solidarischen Gesellschaft und lebendigen Demokratie zu sein. Soziale Sicherheit, Pflege, Bildung, Digitalisierung – das sind einige der zentralen Stichworte der Dortmunder Erklärung. Gerade für Ältere ist es wichtig, dass die Kirche im Dorf bleibt. „Die Hochbetagten, Dementen und Pflegebedürftigen sind von zunehmender Exklusion betroffen und brauchen Unterstützung, um auch weiterhin Teil der Gemeinde zu bleiben“, sagt Eckart Hammer aus dem Beirat des Projekts Alter neu gestalten in Württemberg. Für sie alle gewinnt der Nahbereich an Bedeutung – und damit vielleicht auch die Kirchengemeinde. 3,1 Millionen Männer, aber nur 2,3 Millionen Frauen zwischen siebzig und neunundsiebzig Jahren haben einen Führerschein – sie sind schnell in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt, wenn der Auto fahrende Partner pflegebedürftig wird oder stirbt. Vielleicht finden sie im Gemeindehaus einen Ort, wo sie gefragt sind, wo sie gebraucht werden. Vielleicht an einem der vielen Mittagstische, wo abwechselnd für alle eingekauft und gekocht wird. Oder in einer Sütterlinstube, wo Ältere Jüngeren für „Übersetzungsdienste“ zur Verfügung stehen, damit die alten Briefe aus der Familie nicht verloren gehen. In Kornwestheim entstand ein Begegnungscafé auf dem Friedhof. Anderswo gibt es regelmäßige Shuttlebusse – kleine Bürgerbusse bringen die Menschen durchs Quartier: zum Einkaufen, zum Gemeindehaus und auch zum Friedhof. Quartiersarbeit ist natürlich nicht nur ein Thema für die Stadt. Annegret Zander hat mit dem MOCC-Programm „Unser Dorf“ ein wunderbares Lernangebot für ländliche Regionen geschaffen. Die Woche des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (bbe) ab dem 14. September widmet sich in diesem Jahr ebenfalls Engagement in ländlichen Räumen. Solche Themen werden auch bei der Tagung Caring Community in Essen, veranstaltet von der Diakonie, diskutiert.

 

Pflege – Netzwerke und Genossenschaften

Klar ist: Sorgende Gemeinschaften brauchen eine gute Infrastruktur. Ihre Förderung muss eingebettet sein in ein breit angelegtes Kommunalentwicklungsprogramm, wie es der Siebte Altenbericht fordert. Aber auch in ein Kirchenreformprogramm. Denn Kirche und Diakonie verfügen über öffentliche Räume, beruflich Mitarbeitende, hervorragende Netzwerke – über Sorgestrukturen, die den Aufbruch stützen können. Damit Menschen leben und sterben können, wo sie zu Hause sind. Immer deutlicher wird, wie notwendig ein integriertes Pflegekonzept ist: im Zentrum die Quartierspflege, in der häusliche Pflege, Pflegeberatung, Tages- und Kurzzeitpflege mit Sorgenden Gemeinschaften und auch mit spiritueller Begleitung verknüpft sind. Fast drei Viertel der rund drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zu Hause versorgt – davon 1,4 Millionen ausschließlich durch Angehörige. Sie bringen sehr viel Zeit, Geduld und Kraft auf. Etwa jeder Zweite berichtet, physische oder psychische Gewalt durch den pflegebedürftigen Menschen erlebt zu haben, teilte das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) in Berlin mit, und vierzig Prozent geben an, selbst schon gewaltsam gehandelt zu haben. Das sei auch ein Ausdruck der aufgestauten Wut und der Niedergeschlagenheit. Denn die Hälfte der Angehörigen vermisse die Wertschätzung für ihr Engagement. Nach einer bundesweiten Erhebung der Gewerkschaft ver.di fehlen zudem an Krankenhäusern und Altenheimen mehr als 140.000 Pflegekräfte. So müssten die derzeit 370.000 Pflegekräfte in Kliniken um 80.000 Fachkräfte aufgestockt werden, um eine bedarfsgerechte Versorgung zu ermöglichen. Und in der stationären Altenpflege fehlten 63.000 Fachkräfte, um die vorhandenen 450.000 Altenpflegerinnen und Altenpfleger dauerhaft zu entlasten.

Pflegende Angehörige sind überlastet, Pflegeeinrichtungen als „letzte Station“ sind weit davon entfernt, wirklich hospizlich begleiten zu können, und immer mehr Menschen fragen, was wir tun können, um auch im Alter gut leben und schließlich sterben zu können. Wie in so vielen Kontexten geht es auch hier darum, die Begleitung dialogisch zu verstehen. So fragt die Hospizgruppe in Freising auf ihrer Tagung am 8. November „Was wir von den alten Menschen lernen können“. Und auch in der Schweiz wird in diesem Kontext das Konzept der Caring Community diskutiert. Ich spreche darüber auf einer gemeinsamen Tagung der Fachverbände Palliative Care des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und der Bischofskonferenz am 12. September in Zürich.

Anlässlich des 200. Geburtstags von Friedrich Wilhelm Raiffeisen hat der rheinische Präses Manfred Rekowski die Innovationskraft des Genossenschaftswesens gewürdigt: „Der Genossenschaftsgedanke überzeugt mich, weil er eine Einflussnahme auf die Steuerung eminent wirtschaftlicher Aktivitäten möglich macht.“ Der von seiner christlichen Motivation angetriebene Genossenschaftsgründer (1818–1888) war mit seiner Idee über die Wirtschaftsunternehmen und Banken hinaus visionär. Ende des 19. Jahrhunderts wurden auch Pflegegenossenschaften wie der Evangelische Diakonieverein Zehlendorf entwickelt, dessen Gründer Friedrich Zimmer (1855–1919) auch noch andere innovative soziale und pflegerische Projekte ins Leben rief. Diese sozialen Genossenschaften verloren in dem Maße an Bedeutung, wie zunächst der Staat als Sozialhilfeträger und dann mehr und mehr der Sozialmarkt die Pflegeaufgaben übernahmen. Heute aber werden hier und da wieder Krankenhäuser von Mitarbeitenden in Genossenschaftsstrukturen übernommen. Und in den Quartieren gewinnen die alten Pflegevereine neue Bedeutung. Vielleicht ist es an der Zeit, die Kräfte in der Pflege auf neue Weise zu bündeln.

 

Ehrenamt – Liebe und Geld

Vom Seniorentag habe ich einen Button mitgebracht, auf den ich immer wieder angesprochen werde, seit ich ihn an der Jacke trage: Jede Oma zählt. Es geht um die AIDS-Großmütter in Afrika. Aber allmählich scheint auch unsere Gesellschaft zu begreifen, dass gerade die jungen Alten in die Lücken der Wettbewerbsgesellschaft springen: In Kinderbetreuung, häuslicher Pflege und Nachbarschaft stehen sie für Zusammenhalt. Ältere Menschen engagieren sich in Vereinen, wo junge Leute immer schwerer Anschluss finden, aber zunehmend auch in Bürgerinitiativen und Genossenschaften oder in der Kommunalpolitik. Aus einer Facebookinitiative von zwei Künstlerinnen in Österreich ging die Bewegung Omas gegen rechts hervor, die auch in Deutschland immer erkennbarer wird. Auf der Website gibt es die Möglichkeit, Buttons zu bestellen, und sogar Häkelanleitungen für die Oma-gegen-rechts-Mützen! Allerdings bewegen sich manche ehrenamtlich Tätige mit Übungsleiterpauschalen, 450-Euro-Jobs und Bundesfreiwilligendienst in der Grauzone zwischen Erwerbsarbeit und Ehrenamt – das CSI in Heidelberg spricht von einer dritten Form der Beschäftigung, die entsteht, weil viele Menschen eine viel zu prekäre Beschäftigungen oder kleine Rente haben. Die Tafelbewegung in Deutschland wendet sich dem Thema Geld zu und fordert mit einer Petition, dass langjähriges Ehrenamt mit Rentenpunkten belohnt wird. Die Tafel-Petition „Rentenpunkte für das Ehrenamt“ kann online unterstützt und mitgezeichnet werden. Und auch die Landeskirchen beginnen, sich dem Thema Monetarisierung zu stellen, so zum Beispiel beim Tag für Frauen der Evangelisch-lutherischen Kirche in Hannover am 8. September, wo ich unter dem Titel Auch wer Zeit schenkt, braucht Ressourcen – Ehrenamt im Spannungsfeld von Geld und Liebe eine Arbeitsgruppe leite. Einen neuen Aufschlag zum gemeinsamen Engagement von beruflich und freiwillig Engagierten in der Kirche machte eine EKD-weite Tagung im Mai in Schwanenwerder. Der Bericht darüber trägt den prägnanten Titel Die Theologie des Ehrenamts muss neu geschrieben werden.

Noch immer unterschätzt: Das Wissen der Älteren

Wie wir altern, das ist in hohem Maße von der Arbeitswelt abhängig, sagt Andreas Kruse, der auch Vorsitzender der Kommission zum Siebten Altenbericht der Bundesregierung war. Die Älteren haben viel einzubringen: Urteilsvermögen und Verantwortungsbewusstsein nehmen mit dem Alter zu – genauso wie konzeptionelles Denken, Kooperations- und Teamfähigkeit. Ältere sind geübt, ihr Wissen zu teilen, Mitarbeitende zu informieren und zu motivieren und Modellfunktion für andere zu übernehmen. Das sind Fähigkeiten, die man in Leitungspositionen braucht – die aber auch beim Mentoring oder für Trainer und Trainerinnen wichtig sind. Allerdings ist den meisten gar nicht bewusst, welches Wissen sie im Lauf ihrer Berufskarriere angesammelt haben. Wem man keine Innovation mehr zutraut, der ist auch nicht mehr innovativ. Viele sind der Meinung, ein Wechsel jenseits der Fünfundvierzig oder Fünfzig sei viel zu riskant. Ingrid Blumenthal macht Mut zum Wechsel: „Durchhalten manchmal, ausharren nie“, sagt die Geschäftsführerin einer Pharmafirma und gibt ihr Motto heute an Jüngere weiter. Große Arbeitgeber wie die Kirchen haben die Möglichkeit, ihren Mitarbeitenden selbst neue Chancen zu eröffnen. Rainer Thiehoff von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz hat Praktika in anderen Betrieben vorgeschlagen, um neue Fähigkeiten bei sich selbst zu entdecken. In der Wirtschaft lässt sich dies vielleicht über die Handwerkskammer organisieren – in der Kirche über Kirchenkreise oder diakonische Verbände. So kann die Jugendmitarbeiterin für ein paar Monate in der Freiwilligenagentur mitarbeiten, der Verwaltungsmitarbeiter im Management der Flüchtlingsarbeit, die Erzieherin in der Schulsozialarbeit. Heute könnten solche Seitenwechsel gebündelt angeboten werden wie in der internen Jobbörse. Als ich über diese Fragen beim KVI-Netzwerkkongress in Mainz „Den Wandel gestalten“ referierte, wurde mir klar, welche Chancen die Digitalisierung hier bietet.

Übrigens funktionierten Diakonissenkarrieren vor langer Zeit ganz selbstverständlich so – im Inland wie im Ausland arbeiteten die Frauen in unterschiedlichsten Kontexten. Und die „Mutterhäuser“, in denen sie früher wieder zusammenfanden und einander von ihren Erfahrungen berichteten, sind ja bis heute unübertreffliche Orte der Gastfreundschaft und des Austauschs. Besuchen Sie doch mal das Diakonissenhaus in Frankfurt (Foto) oder übernachten Sie in einem der Gästezimmer. Ein ähnlich bewegender Ort, gut zum Tagen und für eine Reiseunterbrechung, ist auch der Martinshof in der Oberlausitz.

„Früher war klar: Kinder lernen, Erwachsene arbeiten und die Alten ruhen sich aus. Das ist passé“, sagt Ursula Staudinger, die Alternsforscherin aus New York. „Wer sich aktiv bemüht, Veränderungen in der Welt mitzukriegen, wird den Anschluss nicht verlieren. Wir wissen aus der Forschung, dass es wichtig ist, im Leben mehrere Dinge zu haben, für die man sich interessiert.“ Mehr und mehr Unternehmen bieten mit Corporate Volunteering oder Senior Expert Service Programme an, die den Übergang von der Erwerbstätigkeit in das bürgerschaftliche Engagement der dritten Lebensphase gestalten helfen – und wo das Potenzial der Älteren für andere fruchtbar wird (hier ein überzeugendes Beispiel aus der Diakonie).

Ältere Menschen bei ihren Potenzialen anzusprechen – darin liegt auch eine große Chance für die Kirche. Schauen Sie doch mal auf meiner Homepage nach den Workshops zum Thema Ehrenamt, die ich beispielsweise für Mehrgenerationenhäuser, Kirchenkreise oder Freiwilligenagenturen anbiete: Für alle, die fünfundfünfzig plus sind, kann es reizvoll sein, über die zukünftigen Engagementschwerpunkte nachzudenken. Und für diakonische Unternehmen und Kirchenverwaltungen ist es dringend notwendig, gute Programme für ältere Mitarbeitende aufzulegen – deren Aktualität zeigt sich nämlich spätestens, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Es lohnt sich auch sonst, die frisch überarbeitete Rubrik „Seele und Sorge“ auf meiner Homepage einmal auf meine Vortrags- und Seminarthemen hin anzusehen. Unter meinen „Leuchttürmen und Kraftorten“ finden Sie auch den Blog mit den Interviews zu diakonischen Kraftorten – aktuell die inspirierenden Schilderungen von Uwe Graebe, der sich seit dreißig Jahren im Nahen Osten bewegt und über Grenzen und die spirituelle Bedeutung diakonischer Orte spricht.

Was noch zu entdecken ist

Besonders gefreut hat mich, dass der Dachverband der evangelischen Blinden- und evangelischen Sehbehindertenseelsorge mein Buch „Noch einmal ist alles offen“ nun als Hörbuch hat einlesen lassen. Zum Thema meines Buchs Aufbrüche in Umbrüchen halte ich eine Tischrede beim Frauenmahl am 8. September in Hofgeismar. Dass es nicht immer die Fülle sein muss, mit der wir auf Herausforderungen antworten, darauf möchte ich in einer Lebenszeichen-Sendung auf SR2 eingehen. Wenn Sie mögen, hören Sie doch mal rein: Am 1. September um 10:55 Uhr geht es um „Proaktiv leben – Verzicht“. (Falls Sie den Überblick verloren haben: Sämtliche Termine und Adressen finden Sie auch auf meiner Website, wo sie ständig aktuell gehalten werden.)

 

Noch steht der Obelisk in Kassel – nach langem Hin und Her wird die Stadt ihn kaufen, wie frühere Kunstwerke auch. Aber ob er weiter ein Anziehungs- und Treffpunkt auf dem Königsplatz bleiben wird, ist noch nicht klar. Ein Zeichen auch das? Wir erleben gerade eine Wende in Sachen Offenheit und Fremdenfreundlichkeit. Da geht es nicht nur um die Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU. Auch bei vielen Ehrenamtlichen, die sich mit so viel Engagement und Herzblut für Geflüchtete einsetzen, macht sich Erschöpfung breit. Vielleicht geht es Ihnen selbst auch so. Es wird dringend Zeit, die Kräfte des Zusammenhalts zu stärken, auf politischer Ebene, bei kirchlichen Initiativen und auch im alltäglichen Miteinander. Ich schreibe diesen Newsletter in der Zeit des Johannesfestes, wenn die Johannesfeuer entzündet werden. Lassen Sie sich anstecken von der Kraft des Propheten, der auch in Wüstenzeiten an seiner Zukunftsvision festhielt. Damit die Kraft nicht versiegt, ist es wichtig, das Leben zu feiern, dem wir mit all unserem Engagement dienen wollen! Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sommer mit inspirierenden Erfahrungen.

Ihre Cornelia Coenen-Marx

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