Eine diakonische Liturgie

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Zu ganzheitlicher Spiritualität gehört es heute, auf den eigenen Atem zu achten, Schwellen wahrzunehmen und Rituale zu gestalten. Und auch Musik befreit und hilft, die innere Balance wiederzugewinnen. Die Schwesternschaften werden bis heute an wesentlichen Stationen ihres Lebens durch das Diakonissenliederbuch begleitet. Dort finden sich Lieder für Aussendungen und Aussegnungen und auch für Nachtwachen. Als liturgischer Begleiter wurde das Diakonissenliederbuch ergänzt durch die besonderen Ordnungen der Morgen- und Abendandachten und der Auferstehungsfeiern, die – je nach konfessioneller Prägung der Mutterhäuser in Deutschland – ein unterschiedliches, aber dennoch typisches Profil haben. In Kaiserswerth wurde neben dem Diakonissenliederbuch im Jahr 1857 auch die Schwesternbetstunde verbindlich eingeführt. Sie wird bis heute am ersten Sonntag des Monats gefeiert. In der Zeit „der großen Zahlen“ und der Verstreuung der Schwestern-schaften über viele Einrichtungen und Dienstgruppen symbolisierte das gemeinsame Fürbittengebet überall in der Frauendiakonie die Verbundenheit mit dem Mutterhaus – ganz ähnlich wie das Lesen der Herrnhuter Losungen viele Christinnen und Christen in eine weltweite Gemeinschaft stellt. Theodor Fliedner hatte sich denn auch mit seiner Betstunde an die Kirchenlitaney der Herrnhuter Brüdergemeine angelehnt – die missionarisch-diakonische Arbeit Zinzendorf und seine Gemeinschaftsbildung waren in jeder Zeit vielen zum Vorbild geworden. Die Kaiserswerther Betstunde wurde im Jahr 2000 vorsichtig reformiert. Hier findet sich die mir liebste diakonische Liturgie:

L
Kommt und lasst uns aufsehen zu dem Herrn, der uns gemacht hat,
und anbeten seinen heiligen Namen.
Herr, Gott, himmlischer Vater,
Herr, Gott, Sohn, der Welt Heiland,
Herr, Gott, Heiliger Geist,

G
hilf uns um deiner Liebe willen,

L
denn wir wollen vor dir beten.
Gib uns den Geist des Lobens und des Dankens, dass wir dich preisen.
Gib uns den Geist der Gnaden und des Gebets, dass wir beten, wie es dir gefällt.

G
Herr, erbarme dich unser.

L
Vor allem Unglauben und Aberglauben
vor Gleichgültigkeit gegen dein Wort und dein Kreuz,
vor falscher Lehre und allem Irrtum,
vor unseligem Großwerden, vor aller Selbstgefälligkeit,
vor unnötiger Verlegenheit, vor Verwirrungen,
vor allem Trachten nach Ehre und Lob,
vor Unwahrheit und Unzufriedenheit,
vor allen unnützen Worten, die den Frieden stören
und Argwohn und Misstrauen verbreiten,
vor Trägheit und unheiligem Eifer,
vor aller Schwärmerei,
vor Anfechtung und Gebundenheit,
vor aller Sünde

G
behüt uns, lieber Herr und Gott.

L
Deine menschliche Geburt,
deine Armut,
deine Knechtsgestalt,
dein Gehorsam,
deine Sanftmut und Demut,
deine dienende Liebe beim Fußwaschen,
deine Versuchungen,
dein Wachen und Beten,
deine Tränen und Angstgeschrei,
dein qualvolles Sterben am Kreuz

G
tröste uns, lieber Herr und Gott.

L
Mit deiner Ruhe im Grabe,
mit deiner siegreichen Auferstehung und Himmelfahrt,
mit deinem Sitzen zur rechten Hand Gottes,
mit deiner kräftigen Fürbitte,
mit deinem heiligen Wort und Sakrament,
mit deiner Wiederkunft am Ende der Tage

G
hilf uns, lieber Herr und Gott.

L
O Herr und Haupt deiner Gemeinde,
lass unser Mutterhaus eine Hütte Gottes auf Erden sein
und entzünde darin das Feuer deiner heiligen Liebe.
Lass deinen Frieden unter uns regieren, du Gott des Friedens.
Hilf allen Schwestern, dass sie dir dienen in Demut und Gottesfurcht.
Leite mit deinem Heiligen Geist
die Mitglieder des Kuratoriums und des Vorstandes,
die Mutterhausleitung und die Mitglieder der Schwesternräte
und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Werkes.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Gib allen, die in deinem Namen ihren Dienst tun, deine Barmherzigkeit ins Herz.
Lass sie die Kranken und Alten pflegen mit deiner Liebe und Weisheit,
dass auch ihre Seelen genesen.
Für Arme und Verlassene, für Witwen und Waisen,
lass sie Väter und Mütter sein.
Die Geängstigten und Schwermütigen lass sie trösten
und sich der Gefangenen und der Heimatlosen annehmen.
Lass sie der Blinden Augen und der Lahmen Füße sein.
Gib, dass sie die Kinder aufnehmen in deinem Namen, dass du sie segnest.
Lass sie nicht müde werden, den Gefährdeten und Verirrten nachzugehen
in deiner Langmut und Sünderliebe.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Sei du mit unseren kranken, müden und alten Schwestern,
die du ausgespannt hast aus der Arbeit,
dass sie auch Krankheit, Müdigkeit und Ruhe
aus deiner Hand annehmen können.
Wir danken dir über den Gräbern derer, die überwunden haben.
Wir bitten dich für alle, die dicht vor den Toren der Ewigkeit stehen,
für alle, die angefochten sind von des Todes Schrecken,
und für alle, die sich nach ihrem Ende sehnen.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Sei du der Arzt unserer Kranken und Schwachen,
der Hüter und Berater unserer Alternden und Einsamen.
Erleuchte die Gemütskranken mit deinem Licht
und tröste sie, wie eine Mutter ihr Kind tröstet.
Lass die Kinder, die wir betreuen,
besonders alle, denen die elterliche Liebe fehlt,
erfahren, dass du sie lieb hast.
Lass alle jungen Menschen, die mit uns leben und bei uns lernen,
heranwachsen zu lebendigen Gliedern deiner Gemeinde.
Erwecke uns alle durch deinen Heiligen Geist,
dass wir im Hören deines Wortes beständig bleiben.
Lass uns unter den Anforderungen des Tages die Stille vor dir nicht versäumen.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Segne alle, die unser Werk mit ihrer Fürbitte und ihrer tätigen Liebe tragen.
Lass dir befohlen sein alle, die auf unsere Fürbitte warten.
Segne unsere Arbeit und gib, dass wir die Zeit und Kraft, die du uns schenkst,
verantwortlich gebrauchen.
Lass uns alle einander lieb haben, wie du uns lieb hast,
dass unser Leben gelinge zu deinem Lobe.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Allmächtiger und barmherziger Gott,
du hast dir das Volk Israel zum Eigentum erwählt
und in ihm deinen Sohn Jesus Christus Mensch werden lassen.
Wir bitten dich für die Begegnung zwischen Christen und Juden,
damit neues Vertrauen wachsen kann.
Wir bitten dich für alle, die in unserem Werk mitarbeiten
und verschiedenen Völkern und Religionen angehören,
dass sie einander achten und Verständnis füreinander aufbringen.
Wir bitten dich um Frieden zwischen den Religionen:
für Juden, Christen und Muslime,
dass jeder für das Recht des anderen eintritt,
dass sie füreinander nach Gerechtigkeit suchen
und miteinander in Frieden leben.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Erfülle deine Kirche mit dem Heiligen Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
Segne sie mit lebendigem Glauben. Erhalte sie im Gehorsam gegen dein Wort.
Stärke sie in Angst und Not. Bewahre sie vor Irrtum und Schaden.
Mehre in ihr die Wahrheit und die Liebe und gib,
dass sie für alle Elenden und Bekümmerten eine Zuflucht bleibe,
bis du dein ewiges Reich aufrichtest.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Wir beten für unser Land und für die Länder dieser Erde,
dass die Völker im Frieden miteinander leben.
Lass alle, die Macht ausüben und Verantwortung tragen,
auf das Wohl der Menschen bedacht sein und nach Gerechtigkeit streben.
Wir bitten dich für alle, die um ihres Glaubens willen verfolgt werden,
dass sie in der Anfechtung beharren und nicht zuschanden werden.
Wehre dem Hass und dem Misstrauen in der Welt
und beschenke alle Völker mit deinem Frieden.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.

L
Ja, du Gott über alles, hochgelobt in Ewigkeit,
lass alle Krankheit, Not und Tränen die Menschen näher zu dir bringen.
Werde aller Menschen Heiland.
Denn du hast alles durch dich versöhnt zu dir selbst.
es sei auf Erden oder im Himmel.

G
Erhör uns, lieber Herr und Gott.