„Theologie der Zusammenarbeit von beruflich und ehrenamtlich Engagierten – Entwicklung der letzten fünf Jahre“.

  1. Glauben verwalten- Glauben ausstrahlen: Kirche im Spannungsfeld

Theologie des Kreuzes und Theologie der Herrlichkeit – mit Luthers Begriffspaar aus der Heidelberger Disputation von 1518 hat sich der Ratsvorsitzende in einem Artikel mit der FAZ auseinandergesetzt.[1] Dabei ging es ihm angesichts der Debatte um Kreuze in bayerischen Amtsstuben um das Staats-Kirche-Verhältnis in Deutschland, aber eben auch um das Selbstverständnis der Kirche in unserem Staat. „Eine Kirche, die ihre eigene Selbstbezogenheit gar nicht mehr wahrnimmt und den Glauben eher verwaltet als wirklich ausstrahlt und so in immer größere Distanz zu den Menschen unserer Zeit gerät, das wäre eine Kirche, die auf Herrlichkeit setzt statt auf das Kreuz.“ Er leitet daraus eine ganze Reihe konkreter Herausforderungen für die kommenden Jahre ab. Drei davon will ich hier nennen:

Erstens: „Die Orientierung an Christus verlangt Menschennähe. Was aber macht eine Kirche, die ihre Erreichbarkeit für alle in der Fläche oft nur auf Kosten der Gesundheit der Hauptamtlichen einigermaßen aufrechterhalten kann?“

Zweitens: „Die Liebe Gottes gilt allen Menschen unabhängig von ihren jeweiligen lebensweltlichen Hintergründen. Die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien spricht in ihrer Prägung durch bestimmte Milieus eine andere Sprache. Was macht eine Kirche, die… für sehr verschiedene Menschen Angebote entwickeln will, deren Entscheidungsgremien aber in der Regel nur einen Teil der Vielfalt der Lebenskulturen abbilden?“

Drittens: „Die Kirche ist als der „Leib Christi“ eine Gemeinde von Schwestern und Brüdern. Was macht eine Kirche, die von diesem Selbstverständnis her nur eine sehr flache Hierarchie braucht, aber mit Gemeinden, Dekanaten und Kirchenkreisleitungen, Landeskirchenleitungen und der EKD als Gemeinschaft der Gliedkirchen nach Leitungsebenen durchgestaffelt ist?“

Zum Schluss macht er deutlich, „dass die organisatorischen Fragen viel mehr, als das bei früheren Reformbemühungen erkennbar geworden ist, in eine geistliche Erneuerung eingebettet sein müssen, in eine Besinnung auf glaubwürdige Sprache, tragende Frömmigkeit und ein klares Engagement für den Nächsten. Wir müssen als Kirche ausstrahlen, wovon wir sprechen.“

Auch wenn der Begriff „Ehrenamt“ hier nicht explizit vorkommt – in der Sache geht es genau darum. Um die Rolle der Ehrenamtlichen in Gemeinde, Quartier und Nachbarschaften, aber auch um die Ehrenamtlichen in Leitungsgremien, um das Verhältnis von Haupt – und Ehrenamt, von Geschwisterlichkeit und Organisation. Und auch, wenn es um die geistliche Erneuerung geht, sind die Ehrenamtlichen angesprochen. Im einer Arbeitsgruppe der Ehrenamtsreferenten haben wir vor fünf Jahren festgestellt: Alle kirchlichen Aufbrüche, die durch Laienbewegungen geprägt waren, haben besondere Akzente in geistlichem Leben und sozialem Engagement gesetzt. Diakonie- und Jugendarbeit im neunzehnten Jahrhundert genauso wie Erwachsenenbildung, Friedensbewegung oder der konziliare Prozess im zwanzigsten. Es sind die ehrenamtlich Engagierten, es ist die „Kirche als Bewegung“, die der Kirche als Organisation immer neue Impulse gibt.

Die sogenannte Amtskirche braucht Menschen, die die Organisation von außen sehen können, Menschen aus unterschiedlichen lebensweltlichen Hintergründen, die andere berufliche Erfahrungen und Kompetenzen einbringen und die mit ihrer Kritik auch einmal „den Betrieb aufhalten“. In den Kammern und Kommissionen von EKD und Landeskirchen arbeiten Wissenschaftlerinnen und Unternehmer, Politiker und Politikerinnen aller Couleur mit. Kürzlich gab die EKD eine Pressemeldung heraus, in der es hieß, zwei „Kirchenleute“ seien in die Rentenkommission berufen worden. Und während ich im Geist die Reihe der Bischöfe und Abteilungsleiterinnen durchging, las ich, dass es sich um Hermann Gröhe und Gert Wagner handelte. Ob sie sich selbst als Kirchenleute bezeichnen würden? Ich bin mir nicht so sicher. Liegt nicht vielleicht der Charme solcher Ehrenamtlichen gerade darin, dass sie als Person nicht eindeutig der einen oder anderen Funktion zuzuordnen und gerade darum als Brückenbauer glaubwürdig sind? Diese Brückenbauer wahrzunehmen, scheint mir allerdings eine wesentliche Aufgabe für die Zukunft.

Mein Eindruck ist, dass das auf EKD-Ebene und in den Landeskirchen noch gelingt. Aber die Mitglieder in kommunalen Ausschüssen und an runden Tischen der Bürgerkommunen, die Aufsichtsräte in Diakonischen Unternehmen, die Leitungen der Tafeln oder Hospizdienste kommen selten als „Kirchenleute“ in den Blick. Das hängt auch damit zusammen, dass sie zumeist der Diakonie oder kirchlichen Verbänden zugeordnet sind. Daraus resultiert auch die Milieuverengung, von der der Ratsvorsitzende in seinem Artikel spricht. Und es hat Konsequenzen – nicht nur für den Zugang zu Entscheidungsgremien, sondern auch für Fortbildungsangebote, wechselseitige Erwartungen und liturgische Einführungen. Wer eigentlich gemeint ist, wenn eine Landeskirche ein Ehrenamtsgesetz beschließt, darüber haben wir vor drei Jahren in einer bunt gemischten Arbeitsgruppe in Karlsruhe nachgedacht.

Mir ist bewusst, dass nicht alle, die sich bei den Tafeln, in Hospizen, in der Gospelbewegung oder als Kirchenkuratoren engagieren, Kirchenmitglieder sind. Häufig hatten sie sich schon lange der Kirche entfremdet oder waren ohnehin nie Mitglieder. Hierüber hat es teilweise heftige Debatten gegeben: Wie viel Teilhabe darf ihnen gewährt werden, wie viel Verantwortung dürfen sie in kirchlichen Strukturen übernehmen? Kann nicht gerade das Engagement in der Gemeinde den Weg zur Mitgliedschaft, ja sogar zur Taufe ebnen? Wenn man die Einsicht ernst nimmt, dass Glaube immer nur prozessual geschieht und dass Areligiosität auch unter Kirchenmitgliedern vorhanden ist, dann wird es absurd, ausschließlich binär zwischen Mitgliedschaft und Nichtmitgliedschaft zu unterscheiden, so Hans-Martin Barth.[2] Nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird das im Blick auf beruflich Mitarbeitende gerade durchdekliniert. Es ist wohl zu früh, nun auch über eine gestaffelte Mitgliedschaft oder eine Mitgliedschaft auf Probe nachzudenken. Aber dass das Engagement eine große Chance bietet, auch über Glaubensfragen ins Gespräch zu kommen, zeigt die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung.[3] So geben immerhin zweiundzwanzig Prozent der ehrenamtlich Engagierten an, dass sie mit anderen über religiöse Fragen sprechen. Bei den Nichtengagierten sind es weniger als 10 Prozent.

Heinzpeter Hempelmann vergleicht die letzte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung und die Sinus-Studie für Baden-Württemberg[4] und zieht dann folgende Bilanz: Es gibt eine hohe Verbundenheit mit der Kirche ohne aktive Praxis. Das spricht übrigens dagegen, das ehrenamtliche Engagement als Teil der Lebensordnung zu begreifen, wie es in Baden auch diskutiert wurde. Es gibt aber auch eine hohe Verbundenheit mit dem christlichen Glauben und einer entsprechenden ehrenamtlichen Praxis bei deutlicher Distanz zur verfassten Kirche. Wer die unterschiedlichen Engagement- und Ehrenamtsstatistiken vergleicht – vor allem die kirchliche Auswertung des Freiwilligensurveys (FWS) von 2014[5] einerseits und die EKD-eigene Ehrenamtsstatistik andererseits – weiß das: Das kirchliche Ehrenamt ist nur ein Ausschnitt des Engagements von Christinnen und Christen. Welche Chancen darin stecken, wenn die Kirche als Organisation sich für die Engagierten in Vereinen, Schulen, Initiativen und damit auch für andere gesellschaftliche Wirklichkeiten öffnet, das haben wir gerade in der Flüchtlingsarbeit erlebt. Interessanterweise gab es kaum Spannungen zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Im Gegenteil. Ehrenamtliche haben deutlich gemacht, wie sehr sie auf hauptamtliche Strukturen angewiesen sind und Hauptamtliche haben sich für Fortbildung und Supervision von Ehrenamtlichen eingesetzt. Ob es eine Rolle spielt, dass es in diesem Arbeitsfeld noch keine festgeschriebenen Rollen und Standards, keine eingefahrenen Konflikte und auch keine Ängste vor Stellenstreichungen gab?

Zurück zum Verhältnis von Glaube und Engagement: In seinem Buch „Religiöse Kommunikation und soziales Engagement“[6] zeigt Gerd Wegner, dass die wichtigste Erwartung an die Kirche nach wie vor in ihrem sozialen Engagement liegt, während das Gespräch über den Glauben nur für bestimmte Gruppen in der Kirche wichtig ist. Das gilt übrigens auch für die Kirchenvorsteher und Kirchenvorsteherinnen. Die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung zeigt aber, wie soziale und religiöse Kommunikation ineinandergreifen. Dazu passt ein Befund des SI-Gemeindebarometers[7]: Allen Aktiven in der Gemeinde sind Gemeinschaft und Kontakt zu anderen besonders wichtig. Das gilt in besonderer Weise für die Ehrenamtlichen in Leitungsfunktionen. Die haben übrigens auch mit Abstand am häufigsten das Gefühl, gebraucht zu werden und ihre Fähigkeiten einbringen zu können. Leider gilt das nur für eine Minderheit der ehrenamtlich Engagierten an der Basis. Die meisten sind sich der Anerkennung in der Gemeinde nicht sicher.

Nun sind ja die meisten Mitglieder der Gemeindeleitungen selbst ehrenamtlich – und das SI-Gemeindebaromenter zeigt: In der Regel waren sie auch vorher schon ehrenamtlich engagiert. Das ist der Grund, warum sie angesprochen und dann auch gewählt wurden. Was ändert sich eigentlich mit ihrer Wahl – in ihrem Führungsverständnis? Oder auch in ihrem Selbstverständnis als Ehrenamtliche? Gemeinschaftsbezogene Aspekte spielen weiterhin eine große Rolle – übrigens gibt es da keine großen Unterschiede zwischen Ehren- und Hauptamtlichen. Schaut man aber auf die Bedeutung von Strategien und Zielsetzungen für die Gemeinde, dann zeigt sich: Diese Erwartung haben vor allem die Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen, die eine Funktion in der Gemeinde- oder Kirchenleitung haben – mehr als andere Engagierte und interessanterweise weit mehr als Pfarrerinnen und Pfarrer. Nur ein Fünftel der Befragten beim SI-Gemeindebarometer bejaht aber den Einsatz professioneller Freiwilligenmanager – gemessen an den landeskirchlichen Projekten und Fortbildungen in diesem Bereich erschreckend wenig. Wären hier nicht gerade die ehrenamtlichen Mitglieder der Gremien gefragt – nicht unbedingt als Freiwilligenmanager, wohl aber, als Unterstützer? Was geschieht mit den Erfahrungen, die sie als „ganz normale Ehrenamtliche“ gemacht haben? Ehrenamtskoordination sollte eine Funktion der Gemeindeleitung werden und eng mit den Aufgaben und Funktionen des Kirchenvorstands verbunden sein. Ehrenamtskoordination kann eine ehrenamtliche Funktion sein – sie sollte aber in jedem Fall professionell angegangen werden. Um dies zu gewährleisten, ohne dass die Verantwortlichen zeitlich überfordert werden, lassen sich diese Aufgaben am besten in einem Team von Haupt- und Ehrenamtlichen umsetzen. Das ist eines der Ergebnisse der Modellstudie in Württemberg.[8]

Die Frage, ob bzw. wie Ehrenamtliche den „Hauptamtlichen“, insbesondere Pfarrerinnen und Pfarrern, „zugeordnet“ sind, ist eine der Schlüsselfragen des ehrenamtlichen Engagements in der Kirche. Am Beispiel der Prädikanten, die ehrenamtlich eine geistliche Aufgabe wahrnehmen, wurde das in den lutherischen Kirchen – nicht zuletzt im ökumenischen Kontext – heiß diskutiert. Versteht man, wie es in unierten Kirchen der Fall ist, die Pfarrerinnen und Pfarrer als in ihrem Dienst dem Kirchenvorstand/Presbyterium zugeordnet, so sind es diese Ehrenamtlichen, die – als „presbyteroi“ – das Amt der Gemeindeleitung und damit auch den Auftrag der Ehrenamtskoordination innehaben. Das unterstreicht die inzwischen weitgehend akzeptierte Einsicht, dass alle beruflich Mitarbeitenden, einschließlich der Pfarrerinnen und Pfarrer, die ehrenamtlichen Gemeindemitglieder in ihrem Engagement unterstützen, sie qualifizieren und ihre Kompetenzen wahrnehmen und fördern sollen. So betrachtet, ist evangelische Kirche im Kern „Ehrenamtskirche“. Solche Überlegungen werden zurzeit auch deshalb wieder relevant, weil die Zahl der beruflich Mitarbeitenden in der „verfassten Kirche“ aufgrund schwindender Ressourcen in Kirche und Staat abnimmt und die kleiner werdende Kirche in einer säkularen und sich religiös pluralisierenden Gesellschaft wieder mehr auf die Überzeugungskraft ihrer Mitglieder angewiesen ist. Die Erfahrung schrumpfender Ressourcen und notwendiger Umstrukturierungsprozesse hat allerdings auch dazu geführt, dass der Kampf um Einfluss, Mittel und Selbstverständnisse zwischen den verschiedenen „Amtsträgern“ der Kirche wieder zunimmt.

 

  1. Kirchliches Engagement in der Zivilgesellschaft

In seinem eingangs erwähnten Artikel hat der Ratsvorsitzende auch die Diastase zwischen Kirche und akademischer Theologie beklagt. Ein Blick in das letzte Heft von „Verkündigung und Forschung“ vom Januar 2018 zum Thema „Kirchenreform als praktisch-theologische Herausforderung“ zeigt, dass das Thema Ehrenamt dabei kaum explizit Thema geworden ist. Immerhin liegt ein Fokus auf Quartiersentwicklung. Dabei betätigen sich gerade die ehrenamtlich Engagierten über die Gemeindearbeit hinaus häufig in anderen Feldern, die Gemeinden sind gut in ihrem lokalen Umfeld verankert. Dass die Gemeinschaftsorientierung an erster Stelle steht, führt also nicht zu einer Abschottung von der ‚Außenwelt‘ – im Gegenteil. Gerade die Gremienmitglieder sind gut vernetzt.

Leider gelingt es aber noch zu wenig, das Thema „Sorgende Gemeinschaften“[9] aufzunehmen – die neue Form des Engagements, die sich in Quartiersprojekten und Familienzentren, in Seniorenwohngemeinschaften, Mehrgenerationenhäusern und Stadtteilzentren entwickelt. Themen, die über lange Zeit als Frauenthemen begriffen wurden – Familie, Erziehung, Nachbarschaft und Pflege – rücken in den gesellschaftlichen Fokus. Lange Zeit waren die Kirchengemeinden mit dem Dreiklang Kinder, Küche, Kirche zentrale Orte für sorgende Gemeinschaften – auch wenn der Begriff nicht gebraucht wurde. Aber die Frauenhilfen leisteten Hilfe zur Selbsthilfe – mit Nähstuben und Mittagstischen, mit Integrationsprojekten für Geflüchtete, mit Kindergärten und häuslicher Pflege. Heute fehlt ihnen der Nachwuchs; die jüngeren Frauen von heute selbst auf Unterstützung angewiesen, um ihren Alltag mit Familie und Beruf durchhalten zu können. Leihoma-Projekte sind deshalb en vogue. Die jungen Alten sind gefragt – auch in den Sorgenden Gemeinschaften. Aber so wie die Frauenhilfen damals mit Gemeindeschwestern zusammenarbeiteten, so brauchen auch die Sorgenden Gemeinschaften von heute Sorgestrukturen. Hier liegen besondere Chancen für die Kirchengemeinden, die über Räume, verlässliche Strukturen und hauptamtliche Unterstützung verfügen. Damit daraus ein Ganze wird, wäre es nötig, die sozial Engagierten an der Basis mit den Leitungsgremien zusammen zu bringen, Konzepte für die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Diakonie zu entwickeln und auch die Aufgaben der Hauptamtlichen neu auszurichten. Hier sehe ich ein erhebliches Defizit.

Denn jetzt kommen eben doch Spannungen, Ängste und Missverständnisse ins Spiel. Ein Grund ist das unterschiedliche Verständnis von Ehrenamt als Leitungsaufgabe in der Institution und Engagement als freiwilliger Dienst in Nachbarschaft oder Quartier – hier begegnen sich altes und neues Ehrenamt in der Gemeinde. Ein anderer Grund: Strategie und Schwerpunktentwicklung, auch Kooperation kann nur gelingen, wenn man sich gemeinsam über Zielsetzungen und Prioritäten klar wird. Wo die beruflich Mitarbeitenden wie die finanziellen Ressourcen weniger werden, entstehen dabei auch Konflikte und Konkurrenzen zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Ehrenamtliche Küster sind längst keine Seltenheit mehr. Ganze Gemeindegruppen putzen ihre Kirchen, schmücken sie, sorgen für Altarblumen. Das kann inspirierend und gemeinschaftsfördernd sein, aber es muss nicht der Normalfall werden. Auch für die Aufgaben der Gemeindesekretärin oder zur Unterstützung der Sorgenden Gemeinschaften werden inzwischen 450-Euro-Kräfte eingestellt. Lassen sich vielleicht kleine Aufgaben neu koppeln? Und wie gehen wir um mit der Grauzone zwischen dem Ehrenamt und prekären Beschäftigungsverhältnissen um? Auf der EKD-Ehrenamtswebsite[10] ist der wichtigste Diskussionspunkt. Wer es sich nicht leisten kann, nur für die Ehre zu arbeiten, bleibt jedenfalls oft draußen – ausgeschlossen von den prestigeträchtigen Ehrenämtern in den Leitungsgremien, die ja oft auch soziale Netzwerke erschließen.

Christoph Meyns, inzwischen Bischof in Braunschweig, hat sich in seiner Dissertation mit dem Verhältnis von Kirchenreform und betriebswirtschaftlichem Denken auseinandergesetzt[11]. Es geht ihm darum, „nicht einseitig die Organisationsseite der Kirche zu professionalisieren, sondern den synergetisch wirksamen Gesamtzusammenhang religiöser, interaktionaler und organisationsförmiger Kommunikationsprozesse zu stärken“ (S. 139). Mich erinnert das an die Kölner Ökumenische Tagung zum ehrenamtlichen Engagement im Jahr 2009. Da forderten die Engagierten eine stärkere Beteiligung an Entscheidungsverfahren über die Zusammenlegung von Seelsorgebezirken und Kirchenkreisen. Da war viel Ohnmacht und Frust im Raum – auf evangelischer wie auf katholischer Seite.

„Kirchen schließt man nicht – Aufbruch statt Abbruch“ heißt eine Stadtteiltagung, die demnächst in Düsseldorf stattfindet. Da geht es um den Zusammenhang zwischen Immobilie und Nachbarschaft, Planung und sozialen Netzen, Gemeinde und Diakonie. Und es ist klar: solche Prozesse können nur gemeinsam gelingen. Denn Veränderungen müssen von dicht geknüpften Netzwerken getragen werden. Das Engagement in überschaubaren, lebensweltlichen Kontexten macht die Stärke der Gemeinden aus. Aber alle Versuche, zivilgesellschaftliches Engagement zu kanalisieren, um es angesichts knapper Ressourcen effektiver zu gestalten, stoßen an Grenzen. Denn anders als im beruflichen Kontext, wo Hierarchie immer eine Rolle spielt, oder auf dem Markt, wo Wettbewerb und Effizienz zählen, geht es den Engagierten darum, sich persönlich einzubringen und sich mit dem eigenen Tun zu identifizieren. Sie wollen gehört werden, wenn die Dinge in die falsche Richtung laufen – wo das nicht geschieht, sind sie bitter enttäuscht. Wo Nachbarschaftsinitiativen stark sind, gelingt es auch, Drittmittel heranzuziehen. Wo die Angst vor Stellenabbau übermächtig wird, entsteht eine Abwärtsspirale.

Ein Seitenblick auf die Debatte um die Essener Tafel zeigt: Freiwilliges Engagement kann öffentliche Verpflichtungen nicht ersetzen. Freiwillig Engagierte geben etwas Zusätzliches: Zeit, Erfahrung und vor allem Innovationspotential! Ihre Freiheit und Kreativität und ihr Blick von außen dürfen nicht verspielt werden! Engagementagenturen, Freiwilligenbüros, Ehrenamtsmessen zeigen: Engagement ist institutionsübergreifend. Hauptberufliche sind mit ihrem Anstellungsverhältnis an Organisationen gebunden. Dass sie sich mehr und mehr als Unterstützung der Freiwilligen sehen – mit Ehrenamtsstandards, Personalentwicklung, Supervisions- und Fortbildungsangeboten – das ist nicht zuletzt eine Reaktion auf das veränderte Bewusstsein von Engagierten in unserer Gesellschaft.

Aber wie wesentlich ist denn nun der Kontakt zu Hauptamtlichen aus Sicht der Ehrenamtlichen? Bei einem Ehrenamtsworkshop in einem Mehrgenerationenhaus, in dem Engagierte und Interessierte aus ganz unterschiedlichen Engagementbereichen zusammengekommen waren, lief die Frage nach der Bedeutung Hauptamtlicher für ihre Arbeit nahezu ins Leere. Verglichen mit anderen Engagementbereichen wie Sport, Feuerwehr oder anderen Vereinen, aber auch mit Parteien und Initiativen spielen Hauptamtliche in Kirche und Diakonie wie auch in Kindergärten oder Schulen eine erstaunlich große Rolle. Unstrittig ist dabei die Rolle der Pfarrer und Pfarrerinnen als herausgehobene hauptamtliche Kontaktperson. In der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung V hatten insgesamt 40 Prozent der Evangelischen im letzten Jahr einen direkten Kontakt, unter den Engagierten 90 Prozent. Pfarrerinnen und Pfarrer sind Generalisten, sie repräsentieren die Organisation in vielen Feldern und haben auch deshalb eine Schlüsselrolle bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen – vielleicht einer der Gründe, weshalb sich viele mit der Rolle als Ehrenamtskoordinator ringen. Die Kontakte zu den anderen Hauptamtlichen sind erheblich geringer. Die Gemeindesekretärinnen rangieren dabei auch bei den Distanzierten an vorderster Stelle – bei allen Evangelischen mit 19 Prozent, bei den Ehrenamtlichen zusammen mit den Mitarbeiterinnen in der Jugend-, Familien-, Senioren- oder kirchlichen Sozialarbeit mit jeweils fast 62 Prozent. Das sagt noch nichts über die Beziehung selbst, aber es unterstreicht die hohe Bedeutung der Kommunikation zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Frühere Untersuchungen zeigen, dass diejenigen, die sich im sozialen Ehrenamt engagieren, sich zwar unterstützt fühlen, aber noch immer zu selten den Eindruck haben, dass der Kontakt tatsächlich auf Augenhöhe stattfindet.

  1. Gemeinde von Schwestern und Brüdern

Von einem komplizierten Kontakt mit einem Pfarrer erzählt Bärbel Mohr in dem Buch „Arbeitslos und trotzdem glücklich“, das ich im Kontext einer Tagung zur Langzeitarbeitslosigkeit gelesen habe. Da geht es genau um die Personen, die in den Gemeinden oder gar in den Gremien kaum vorkommen. Ehrenamtliche Tätigkeiten, schreibt sie, hätten ihrem Selbstbewusstsein einen ordentlichen Schub verliehen. „Wann kann ich schon im Job sagen, was ich für richtig halte, ohne dabei ein Blatt vor dem Mund zu nehmen? Ist es nicht so, dass man sich als Angestellter oft nicht taut, die eigene Wahrheit zu äußern? Schließlich steht der Job auf dem Spiel. Dann lieber kuscheln und nichts sagen. Brauchst Du alles nicht, wenn du ehrenamtlich arbeitest. Da kannst du Klartext reden, wenn sich etwas unstimmig anfühlt. Das muss man allerdings auch erst einmal lernen. Selbst wenn nichts auf dem Spiel steht, ist es nicht so einfach, für sich selbst einzustehen. Erst mal wirken noch die Gewohnheiten von früher: Der Chef wird es schon wissen.“

Bärbel Mohr erzählt von einem Einsatz als Lese-Oma in einer Tageseinrichtung, von einer Vorleseausbildung über die Freiwilligenagentur der AWO und auch vom Einlesen von Büchern und Zeitschriften für Blinde und sehbehinderte Menschen. „Irgendwann stellte man mir dann auch Mikro und Aufnahmegerät zur Verfügung, um zu Hause weiterzuarbeiten. Wenn ich nachts nicht schlafen konnte, setzte ich mich an meinen Computer und sprach mit großem Spaß Hörbücher auf. Hier kam es zu einer herausfordernden Situation, in der ich üben durfte, zu mir zu stehen.“ Es ging um eine Kirchenzeitung für Blinde. Das Problem: Obwohl die Blätter nur monatlich oder zweiwöchentlich erschienen, erhielt ich die Texte erst am Abend vorher. Das bedeutete unweigerliche Nachtschicht… Also sprach ich mit dem Pfarrer, von dem ich die Texte erhielt. Ich bat ihn, sie ein bis zwei Tage früher zu besorgen, so dass ich das Aufsprechen tagsüber erledigen konnte. Aber warum auch immer – ich bekam die Texte weiterhin genauso so spät. Als ich dem Pfarrer mitteilte, dass ich das nun nicht mehr mitmachen würde, sagte er: Das können Sie doch gar nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, dass Sie die Blinden so im Stichlassen. Er hatte offenbar kein schlechtes Gewissen dabei, mich auszunutzen.“, schreibt Mohr. Und sie fährt fort: „Deshalb habe ich dem Herrn Pfarrer freundlich, aber klar Lebewohl gesagt. Du musst nichts als ehrenamtliche Kraft. Das ist eines der großen Geschenke: Du kannst dich selbst erproben. Du kannst dich selbst neu kennenlernen. Du kannst deine Berufung finden.“

Es ist mir immer peinlich, spirituelle Begriffe wie Berufung und Erfüllung im Kontext berechtigter Kirchenkritik zu hören. Die Kirche erscheint hier als Organisation, die Leistung erwartet, ohne die Geschäftsbeziehung zu klären. Und wäre das nicht der erste Schritt: zu klären, was jeder und jede erwartet und worin der Gewinn für beide Seiten liegt, ehe wir Worte wie Gewissen oder auch Brüderlichkeit im Mund führen? Der Gewinn im Ehrenamt besteht in Beziehungen, Kompetenzerweiterung, „Vertiefung des eigenen Weges“, Gestaltung von Übergängen und Entwicklung von Netzen. Aber auch Ehrenamt braucht eine grundlegende ökonomische Absicherung. Der Gewinn beruflicher Tätigkeit besteht in professioneller Verantwortung, ökonomischer Sicherheit, Aufstiegsmöglichkeit. Aber auch berufliche Zufriedenheit ist auf Motivationserhalt, Bildungsangebote, Teamentwicklung angewiesen. Deswegen braucht es Rollen- und Strukturklarheit, aber auch Klarheit über die Zielrichtung des eigenen Engagements. Und das gilt für alle Beteiligten. Denn unabhängig von der Frage, ob jemand auch beruflich bei der Kirche beschäftigt ist, kommt es letztlich darauf an, ob die innere Motivation, hier mitzuarbeiten, trägt. Das Priestertum aller Getauften ist die Basis, auf der alles Weitere aufbaut.

In dem Ehrenamtsworkshop, der mir noch ganz unmittelbar vor Augen steht, zeichneten alle Beteiligten ihre Engagementbiographie. Es waren bunte Bilder – Bäume mit Wurzeln, Zweigen und Blätterdach, Flüsse mit Zuflüssen, Seen und Inseln, dynamische Ströme. Mal war es der Beruf oder Familie, aus denen sich ehrenamtliches Engagement entwickelte, mal hatten Teilnehmende auf dem Hintergrund ehrenamtlicher Erfahrungen Berufswechsel vollzogen. Am Ende konnte es die gleiche Tätigkeit sein, die einmal beruflich, einmal ehrenamtlich ausgeführt wurde. Viele von uns kennen das. Ob wir den Gewinn solcher Seitenwechsel schon verstanden haben? Vielleicht hilft da ein Blick auf die obersten Leitungsgremien der Kirche oder die Aufsichtsräte der Diakonie – hier wie da bringen auch die Ehrenamtlichen ihre volle funktionale und berufliche Kompetenz ein. Und es waren ja in der Evangelischen Kirche nicht zuletzt die Ehrenamtlichen in Leitungspositionen, die sich für neue Strategien und betriebswirtschaftliche Ausrichtung eingesetzt haben.

Trotzdem läuft, wenn wir vom Amt reden – vom Hauptamt und vom Ehrenamt- immer noch eine Kompetenzzuschreibung mit: hier die Professionalität der Bezahlten, dort das Engagement mit Herz. Bei seinem Vortrag 2013 ging es Eberhardt Hauschildt um eine bewusste Unterscheidung und den sensiblen Umgang mit der traditionellen Hierarchie von Ämtern und Berufen, aber der Hierarchisierung von bezahlten und unbezahlten Kräften. Abgesehen vom Pfarramt ist beides meist nicht identisch. Und der Begriff des „Ehrenamts“ bringt eben zunächst die neuzeitliche Unterscheidung zwischen beruflicher Arbeit und bürgerschaftlichem Engagement in Kirche und Gesellschaft zum Ausdruck. Dabei ist übrigens – wie bei den kirchlichen Ämtern – auch ein Blick auf die Geschlechterhierarchie wichtig. Denn es sind noch immer zu 80% Frauen, die das soziale Engagement tragen – nicht nur in Kirche und Diakonie. Hauschildt hatte also die Organisationsseite mit ihrer Geschichte, die Institution mit der Ämtertheologie im Blick, während Michael Herbst stärker auf den geistlichen Aufbruch, die Entwicklung von Glaube und Gemeinschaft sah. Damit waren die beiden Pole der Kirchenreformdebatte im Gespräch. Denn jenseits der Amtsdebatte steht heute praktisch-theologisch die Orientierung an den Charismen und die Betonung des gemeinsamen Dienstes im Mittelpunkt.

Vielleicht auch deshalb ist neben dem Rückgriff auf das Priestertum und Diakonentum aller Getauften die Barmer Theologische Erklärung von 1934 eine Leitschnur für das Nachdenken über Ehren- und Hauptamt – bis hin zur Aufnahme in Ehrenamtsgesetze. „Die Kirche als Gemeinde von Brüdern“ war der Slogan einer breiten Bewegung, die sich gegen eine von der Reichsregierung korrumpierte, hierarchische Organisation richtete. Der Gemarker Pfarrer Paul Humburg sagte im Mai 1934 in der Barmer Stadthalle, die bekennende Gemeinde habe die Pflicht, darum zu ringen, als Gemeinde das Herz der Welt zu sein. Aber nicht der geographische Raum zähle, Erweckungslust und Veränderungsbereitschaft müssten Raum gewinnen. Denn die Kirche sei nicht dazu da, nur die eigene Gemeinschaft zu pflegen oder ein unverbindliches Christentum als Gesellschaftsreligion zu stützen. Anknüpfend an Barmen sah Gollwitzer später die Zukunft der Kirche in einer Personengemeinschaft auf lokaler und regionaler Ebene, in sozialen Netzwerken, die über die Parochie hinaus gehen, im Bekanntmachen des neuen Lebens – nicht nur in Worten, sondern auch in einem neuen Lebensstil. In der Volkskirche als hierarchischem Apparat mit ihrem Vorrang des kirchlichen Amtes vor den Charismen sah er Elemente der falschen Kirche. Gleichwohl blieb sie für ihn der Ort, an dem die wahre Kirche Ereignis werden kann – nicht zuletzt in der Begegnung mit Gruppen und ökumenischen Gemeinschaften, die neue Herausforderungen angehen. Dabei weisen Barmen III und IV die Richtung: von der Herrschaft zum Dienst, von der einsamen Spitze zur Anerkennung der Vielfalt, von der Verschlossenheit zur Teilhabe. Die Gemeinde von Schwestern und Brüdern ist eine offene Gemeinschaft, orientiert an der gemeinsamen Aufgabe, die über die Grenzen von Geschlechtern und Altersgruppen, von Herkunft und Milieus hinaus geht und gerade auch die Leidenden und Benachteiligen einschließt. Hier schließt sich der Kreis zum FAZ-Artikel von Bedford-Strohm.

Wie wird denn nun die Gemeinde von Brüdern und Schwestern erlebt? Welche Rolle spielt die geistliche Dimension im sozialen Engagement? Trägt die Gemeinschaft in den Initiativen, Gruppen oder im Kirchenvorstand so, dass auch Konflikte möglich sind und dass ein offener Austausch über Glaubensfragen stattfindet? Jeder kennt die Klage über den Mangel an geistlicher Arbeit in den Kirchenvorständen. „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ Darum ging es bei meiner Arbeitsgruppe auf einer Ehrenamtstagung der hessischen Diakonie und Kirchen vor zwei Jahren in Kassel. Könnte es sein, dass nicht nur der Druck aus der Organisation, sondern auch die Exklusivität der Gruppe und festgelegte Kompetenzzuschreibungen unbefangene, persönliche Begegnungen – und damit auch Gottesbegegnungen erschwert? Dass die Sehnsucht nach spirituellen Erfahrungen durchkreuzt wird von der Angst vor Bloßstellung, mangelnder Kompetenz oder Konflikt? Beispiel dafür ist „Andacht“ zu Beginn einer Sitzung – die zugleich Eröffnung des offiziellen Rahmens und Eintauchen in einen biblischen Kontext ist. Wenn alles gut geht, wird hier tatsächlich lebendige Kirche erfahren, kommen auch die Erfahrungen der Ehrenamtlichen zur Sprache. Wenn alles wie routiniert läuft, wird genau diese Chance verpasst. Die Fortbildungen für Kirchenvorsteher in Hessen-Nassau nehmen dieses Thema auf. Ein anderes Beispiel ist die Einführung Ehrenamtlicher als Kirchenvorstand oder Gruppenleitung. Auch hier geht es um ein Doppeltes: um eine Segenshandlung als Stärkung und um die Hervorhebung und Bestätigung einer Funktion. Die Frage, wie es gelingen kann, in diesem Rahmen kraftvolle, lebendige und gemeinschaftliche Spiritualität zu erfahren zu lassen, ist nicht banal. Eine Einführung von Mitarbeitenden an der Tafel oder in der Flüchtlingsarbeit ist noch immer selten – sie bietet aber die Chance, ihre Erfahrungen öffentlich zu machen und zu wertschätzen – und auch andere aus ihrem Netzwerk als Gäste einzuladen.

Zwei Beispiele dafür, dass Organisationsentwicklung und Geistlicher Aufbruch sich letztlich nicht trennen lassen. Wenn es darum geht, die spirituelle Dimension des eigenen Engagements wahrzunehmen, dann können beruflich Mitarbeitende geistliche Begleiter sein. Dass aber auch der Beruf des Pfarrers/ der Pfarrerin nicht automatisch ein Anreiz zum Austausch über Sinnfragen ist, zeigen die letzten KMU. Umgekehrt wird jeder hier Ehrenamtliche kennen, die für andere zu Vorbildern und Mentorinnen werden. Wichtiger als Haupt- oder Ehrenamt scheint mir, dass diese Rolle durch eine eigene reflektierte Erfahrung gedeckt ist. Deshalb sind Fortbildungsangebote so wichtig. Die Entdeckung von Charismen spielt dabei zurzeit eine große Rolle. Genauso wichtig scheint mir die reflektierte Erfahrung von Gemeinschaft auch in Konfliktsituationen und die Entwicklung einer geschwisterlichen Haltung – eben von Augenhöhe. Ich denke dabei gern an den Lettner, der in den vorreformatorischen Kirchen den Bereich der Geistlichen von dem der Gemeinde trennte. Die Reformation hat die Lettner abgebaut, aber in unseren Köpfen stehen sie oft noch. Es wird Zeit, die Sicht frei zu machen und die Wege zu öffnen.

Cornelia Coenen-Marx, Schwanenwerder, 16.5.18

 

[1]„Den Sinn des Kreuzes öffentlich machen“, FAZ, 10.5.18

[2] Hans-Martin Barth, Konfessionslos glücklich, S 119

[3] Evangelische Kirche in Deutschland, Engagement und Indifferenz, Kirchenmitgliedschaft als soziale Praxis. V. EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft, Hannover 2014.

[4] Heinzpeter Hempelmann/ Karen Hinrichs/ Ulrich Heckel/ Dan Peter (Hrsg.): Auf dem Weg zu einer milieusensiblen Kirche. Die SINUS-Studie „Evangelisch in Baden und Württemberg“ und ihre Konsequenzen für kirchliche Handlungsfelder, Neukirchen 2015 (Kirche und Milieu Bd. 2)

[5] Julia Simonson, Claudia Vogel und Clemens Tesch-Römer (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Deutschland – Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 2016. Kurzfassung im Internet: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/freiwilliges-engagement-in-deutschland-/96254

[6] „Religiöse Kommunikation und soziales Engagement – Die Zukunft des liberalen Paradigmas“; Leipzig 2016

[7] Potenziale vor Ort, Erstes Kirchengemeindebarometer, Leipzig 2015

[8] Gerhard Hess, Paul-Stefan Ross: „Rahmenbedingungen systematischer Ehrenamtsförderung: Beobachtungen und Erkenntnisse aus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg“, in: Cornelia Coenen-Marx. Beate Hofmann (Hg). Zum Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamt in der Kirche, Stuttgart 2017

[9] Thomas Klie: Caring Community – Verständnis und Voraussetzungen von Verantwortungsübernahme in lokalen Gemeinschaften, in: Beate Hofmann, Cornelia Coenen-Marx (Hg.): Drama, Symphonie oder Powerplay – Haupt- und Ehrenamt in der Kirche‎, Kohlhammer April 2017

[10] www.evangelisch-Ehrenamt.de

[11] Kirchenreform und betriebswirtschaftliches Denken: Modelle, Erfahrungen, Alternativen, Gütersloh 2013