Lesetipps


Ina Praetorius, Uta Meier-Gräwe.„Mehrfacherfüllung statt Doppelbelastung“;
Patmos, Ostfildern 2023, 160 S. € 19,00 / CHF ca. 29.90

Um-Care
Wie Sorgearbeit die Wirtschaft revolutioniert

Seit vielen Jahren setzt sich die Theologin, Ethikerin und Autorin Ina Praetorius mit dem Verein „Wirtschaft ist care“ für die ökonomische Anerkennung von Sorgearbeit ein – für Haushaltsarbeit, Pflege, Kinder- und Sozialarbeit. Es geht ihr darum, die ungerechte, zweigeteilte und hierarchische Ordnung in unserem Wirtschaftssystem bzw. in unserer Gesellschaft bewusst zu machen und zu überwinden. Inzwischen hat sich in Wissenschaft und Politik ein weit verzweigtes Netzwerk entwickelt, das nicht zuletzt durch die Situation der Frauen und Mütter in der Pandemie neue Impulse bekommen hat. In dem vorliegenden Buch zur „Um-Care“ arbeitet Ina Praetorius mit der Soziologin und Ökonomin Uta Meier-Gräwe zusammen, deren Arbeitsschwerpunkte Familien-, Haushalts- und Geschlechtersoziologie sowie Armuts-, Zeit- und Dienstleistungsforschung sind.  

Missverhältnis zwischen Frau und Mann

Die Ökonomie ist zur Leitwissenschaft unserer Gesellschaft geworden: Der Wert von Beziehungen und Tätigkeiten wird am wirtschaftlichen Nutzen gemessen. Dabei spielt die private Sorgearbeit so gut wie keine Rolle. Rechnet man nämlich die Tätigkeiten, die in einem Haushalt mit Kindern jede Woche erledigt werden müssen, anhand der Gehälter zusammen, die bezahlte Care-Arbeiter*innen bekämen, müsste die familiäre Vollzeit-Fürsorgearbeit mit über 7000 Euro im Monat entlohnt werden. Tatsächlich aber macht Sorgearbeit arm, weil dafür in der Regel Erwerbszeit gekürzt wird, was sich unmittelbar in der Höhe der Renten niederschlägt. Dabei leisten Frauen 52,4 % mehr Familien- und Sorgearbeit als Männer – Singlehaushalte und kinderlose Paare mit einberechnet. Der zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zeigt: Je mehr Sorgearbeit zu leisten ist, je körpernäher diese Aufgaben sind, desto gravierender ist das Missverhältnis zwischen den Geschlechtern.

Von Altlasten und Zukunftsideen

Mit „Um-Care“ wollten die beiden Autorinnen zeigen, „wie Sorgearbeit die Wirtschaft revolutioniert“. Um dem eigenen hohen Anspruch gerecht zu werden, thematisieren sie zunächst die tief verwurzelten „Altlasten“, die die mangelnde Wertschätzung von Care-Arbeit in unserer Gesellschaft begründen. Dabei geht es zum Beispiel um Care-Krise und Klimakrise als zwei Seiten der gleichen Medaille, aber auch um globale Sorgeketten in der Pflege. In einem zweiten Teil beschreiben die Autorinnen das „postpatriarchale Durcheinander“ – von der Leihmutterschaft bis hin zur Care-Arbeit in der Plattformökonomie. Im dritten Teil schließlich entwickeln sie eine Lehre von guten Haushalten inklusive praktischer Vorschläge, die zur Grundlage einer postpatriarchalen Polit-Architektur werden könnte. Dabei bestehen die Kapitel aus einzelnen Essays, die auch gut einzeln und in anderer Reihenfolge gelesen werden können. Die Autorin ist jeweils sichtbar, wobei Ina Praetorius eher über die philosophischen und theologischen Grundlagen und über politische Strategien nachdenkt.Die Essays von Uta Meier-Gräwe enthalten viele Informationen über die Entwicklung von Professionalität und Wertschätzung, aber auch über persönliche Herausforderungen in diesem Bereich..

Sorgearbeit ist mehr, als es scheint

Das Buch macht deutlich:  Care ist mehr als das Kümmern um die, die sich nicht selbst versorgen können – es geht um soziale Verantwortung in Familie, Freundschaft, Nachbarschaft und Klimaentwicklung. Dazu ist es wichtig, Care zu adressieren, ohne Geschlechterhierarchien zu verfestigen. Die Reduzierung der Vollerwerbstätigkeit von 40 auf 35 Wochenstunden für Männer und Frauen, die Kinder erziehen oder Pflegebedürftige im Haushalt haben, wäre ein möglicher Weg. Ob solche Modelle sich durchsetzen, wird davon abhängen, ob auch Männer – zum Beispiel in der Elternzeit – die Erfahrung machen, dass Sorgearbeit Sinn stiftet und Gemeinschaft schafft. Zurzeit sind es eben überwiegend Frauen, die diese gesellschaftlich unsichtbare Arbeit zusätzlich zur Erwerbsarbeit leisten. So sind Mütter mit kleinen Kindern nach Berechnungen des DIW rund 14 Stunden am Tag beschäftigt, wenn man ihre Fürsorgearbeit in die gesamte erbrachte Arbeit mit einrechnet.Ina Praetorius, die präzise und kreativ mit Sprache umgeht, schlägt deshalb vor, anstelle von Doppelbelastung von Mehrfacherfüllung zu sprechen. Das lässt ahnen: Es geht nicht nur um Analyse, Beispiele und Modelle, sondern auch darum, den Leserinnen Lust zu machen auf eine neue, andere Wirklichkeit. Ein zukunftsweisendes und inspirierendes und dabei durchaus praktisches Buch.


Isabelle Noth/ Eva-Maria Faber (Hg), Göttingen, 2023 

Seelsorgebegegnungen. Praxisbeispiele theologisch reflektiert

Kraftquellen der Seelsorge

„Seelsorge hat ihren Ort gewiss nicht nur an den Grenzen des Lebens und in Krisensituationen. Dennoch gehört zur Seelsorge die Bereitschaft, Menschen gerade in prekären Konstellationen an der Seite zu stehen: Wenn bisherige Kraftquellen abgeschnitten oder versiegt sind , wenn der Alltag wegbricht, wenn Lebenspläne durchkreuzt werden“, schreibt Eva-Maria Faber.  Diese besonderen Seelsorgesituationen sind es, die Isabelle Noth und Eva-Maria Faber in ihrem Buch „Seelsorgebegegnungen“ vorstellen. Rahmen und Hintergrund der Begegnungen sind zumeist Einrichtungen, in denen die Seelsorge in einem größeren, multidisziplinären Kontext verankert ist: in Krankenhaus und Pflegeeinrichtung, in Gefängnis und Psychiatrie. Aber auch die besonderen Chancen kultursensibler Seelsorge und  die Bedeutung von Seelsorge als Dimension der Supervision werden reflektiert.

Der Band ist aus dem ökumenischen Schweizer Studiengang zur Ausbildung in Spiritual Care und Pastoralpsychologie hervorgegangen. Beigetragen haben Kolleg*innen aus Universität und Ausbildung mit einer fundierten Praxiserfahrung. Dabei folgen alle Beiträge der gleichen Systematik: Der reflektierten Wahrnehmung folgt eine theologische und dann eine systematische Reflexion, schließlich eine Selbstreflexion und eine Begründung der seelsorglichen Position. Jeder Artikel schließt mir ausführlichen Literaturhinweisen.

Bei aller soliden theoretischen Fundierung: Was nach dem  Lesen der Beispiele im Gedächtnis bleibt, sind Personen – die Person der Hilfesuchenden genauso wie die der Seelsorgenden-, mit denen wir als Leser*innen einen Weg gehen, der nicht selten- durch Verbindungen zu Familie oder Kirchengemeinde –  über die Mauern der Institution hinausführt und damit die Hilfebedürftigen aus der funktional zugeschriebenen Rolle als Kranker oder Pflegebedürftige  löst. Dabei werden die  Chancen und Herausforderungen der Freiheit in der Rolle der Seelsorgepersonen genauso klar wie  die Notwendigkeit der Zusammenarbeit in der Einrichtung. Seelsorge ist frei vom medizinischen Behandlungsauftrag , zugleich aber systemisch mit den anderen Beteiligten verbunden.  Auch die besondere Bedeutung  nonverbaler Kommunikation wie die von Ritual und Gebet werden deutlich- ebenso  wie die Kraft  der puren Präsenz, wo Worte versagen.

Was wir als Leser*innen  an Begegnungen erleben, ist  voller Überraschungen: Da ist der Atheist in der Klinik, der am Ende noch heiratet ,den Segen Gottes sucht und  sich mit seiner Glaubensgeschichte aussöhnt. Da ist der Weg, den der Seelsorger mit einem Demenzkranken geht, um endlich Anschluss an seine rituellen Erfahrungen zu finden oder die Wiederentdeckung des Rosenkranzgebets als rituelle Intervention. Seelsorgende seien gewissermaßen „mit der Wünschelrute unterwegs“, schreibt Eva-Maria Faber in ihrer abschließenden Zusammenfassung. Es geht darum, sich auf eine noch unbekannte Situation einzulassen, ohne dabei auf das ganze Spektrum medizinisch-technischer Möglichkeiten und Methoden zurückgreifen zu können- mit nichts als Empathie, Beobachtung, Sprache und Kommunikation, vor allem aber mit der eigenen Person. Ob dabei ein Funke überspringt, ob Seelsorge „erfolgreich“ ist, bleibt unverfügbar. Sich bewusst mit der eigenen Prägung einzubringen, zugleich aber kränkungsfrei damit umgehen  zu können, wenn die Arbeit resonanzlos bleibt, gehört zu den persönlichen Herausforderungen der Seelsorge.

Dazu gehört auch die Fähigkeit, sich nicht aufzudrängen, sondern Seelsorge in Freiheit anzubieten, zugleich aber die Selbstbestimmung, insbesondere die religiöse Selbstbestimmung des Gegenübers zu achten. Die Verortung in einem bestimmten religiös-konfessionellen Kontext, der ja immer auch mit Zuschreibungen, mit Verunsicherungen und Ängsten verbunden ist, verweist einerseits auf die Kraftquellen der Seelsorge, und zeigt andererseits die Herausforderungen, denen Seelsorgende im säkularen Kontext begegnen. Es geht darum, sich der eigenen Verankerung bewusst zu sein und gleichzeitig den Anschluss an andere Lebenswelten zu wahren. Wie das gelingen kann, davon erzählen die Fallbeispiele ganz konkret. Denn am Ende geht es immer um Lebensgeschichten und Begegnungen von Personen – nicht nur in den Grenzsituationen, die hier beschrieben werden.


Besprechung Georg-Hinrich Hammer: Nur ein stilles Verdienst?

Als Friedrich-Wilhelm III 1814 zum ersten Mal einen Orden an eine Reihe von Frauen verlieh- als Anerkennung für Ihr Engagement und ihre Spendenbereitschaft während der Befreiungskriege -, da war das beinahe ein Tabubruch. Prinzessin Marianne bekam das gleich am Tag nach der Ordensverleihung zu spüren. Wie zufällig sagt der Adjutant des Königs zu ihr, der Beitrag der Frauen müsse doch eigentlich ein „stilles Verdienst bleiben, man dürfe „kaum darüber sprechen“. Gleichwohl: der Orden war nach einer Frau benannt, nämlich nach Luise von Preußen, die vor Marianne die erste Dame im Staat gewesen war. Ganz im Gegensatz zur Erwartung des Adjutanten wurde Prinzessin Marianne denn auch bald zur Repräsentantin wohltätiger Frauenvereine, die sich bereits seit 1813 in Berlin, aber auch in Norddeutschland und in Frankfurt für Verwundete, Arme und Hinterbliebene einsetzten. In seinem Buch „Nur ein stilles Verdienst?“ zeichnet Georg-Hinrich Hammer die Entwicklung dieser Vereine, ihrer Initiatorinnen, Gründerinnen und Stifterinnen, aber auch der Schwesternschaften, die im 19. Jahrhundert entstanden nach und widmet sich der Frage, ob diese Frauen das patriarchale System ihrer Zeit stabilisiert haben oder eben doch- so der Untertitel des Buches- „ karitative Avantgarde im 19. Jahrhundert“ waren.

Tatsächlich kommen die Frauenvereine bei den Veröffentlichungen zur Sozialgeschichte oft zu kurz. Dabei spielt selbstverständlich auch eine Rolle, dass Frauen aus rechtlichen Gründen bei der Leitung und Geschäftsführung ihrer Organisationen in der Regel auf Männer angewiesen waren, die dann mit ihrem Namen in den Vordergrund traten und in Erinnerung blieben. Im Zuge seiner fundierten Darstellung macht Hammer deutlich, welche Rolle dabei der historische Kontext, die Standes- und die Konfessionszugehörigkeit spielten – so hat z.B. die Säkularisation auch des katholischen Kirchenguts nach 1803 eine caritative Finanzquelle versiegen lassen. Er zeigt aber auch, welche Möglichkeiten es gab, durch politisches Geschick und persönliche Netzwerke Spielräume für das caritative Engagement von Frauen zu gewinnen. „Überhaupt sollten Frauen das Armendirektorium sein; tausend Witwen und brave Frauen giebt’s dazu“, schrieb Rahel Varnhagen 1831 nach der Choleraepidemie in Berlin. Sie kritisierte die Oberschicht wegen ihrer Untätigkeit und schlug einen radikalen Wandel in der Armenverwaltung vor. Männer, meint sie, seien nur als „Sergeanten … und Hilfe“ einzusetzen. Rahel Varnhagen, geb. Levin, war übrigens nicht die einzige Berliner „Salondame“, die nicht nur an philosophischen und politischen Debatten interessiert war, sondern sich ganz konkret für Menschen in konfliktären Situationen einsetze. Dass ihr dabei auch feindliche französische Soldaten am Herzen lagen, hielt ihre Biographin Hanna Arendt für „naiv“; dass für diese Frauengeneration bereits politisches und soziales Engagement zusammengehörten, war allerdings keineswegs selbstverständlich.

Wie in Facetten eines Diamanten geht Hammer immer wieder einzelnen Lebensläufen nach und gibt so einen Einblick die persönlichen Aspekte der Entwicklung sozialer Organisationen im 19.Jahrhundert. Der Focus auf die caritative Frauengeschichte weitet dabei den Blick über die bekannten Gründungen hinaus. Amalie Sieveking, Friederike und Karoline Fliedner oder Eva von Thiele Winkler mögen noch vielen bekannt sein- hier werden auch Regine Jolberg und ihre Nonnenweier Schwesternschaft oder Anna v. Boerries und ihre Reha-Einrichtung in Hannover vorgestellt. So lässt sich das Buch als historischer Abriss einer doppelten Befreiungsgeschichte von Frauen, Armen und Hilfebedürftigen lesen- oder auch als Fundgrube für einzelne, bisher weniger bekannte Persönlichkeiten und Lebensläufe. Ohne den kirchlichen und sozialpolitischen Einsatz von Frauen- das wird deutlich- wäre vor allem die Pflegeentwicklung im 19.Jahrhundert nicht möglich gewesen. Und erst dank des zuvor undenkbaren ehrenamtlichen Engagements von Frauen konnten – bei allen Limitierungen durch Rechts- und Standesgrenzen in den Vereinen – immer wieder auch gesellschaftliche Schranken durchbrochen und damit wachsende Teilhabe und Demokratisierung ermöglicht werden.


Lars Charbonnier, Anke Pech, Franziska Woellert (Hg.) Familienorientierung stärken. Evangelische Arbeitgeber zwischen Innovation und Tradition. „Sinnerfüllt zu arbeiten und zufrieden zu leben sind Kennzeichen dessen, was die Bibel ‚Leben in Fülle‘ nennt“, schreibt Peter Burkowski in seinem Vorwort zu diesem Band – ein wichtiger Hinweis auf das große Ganze der Arbeit generell. Ein hilfreiches Buch für kirchliche (und andere) Arbeitgeber, die angesichts des Wettbewerbs um Fachkräfte attraktiv sein wollen. Mein Beitrag „Kirche ohne Ehrenamt?“ nimmt sich der Frage an, was die neue Rollenverteilung in der Familie für das Ehrenamt bedeutet.


Teresa A. K. Kaya (Hg.) Von Frau zu Frau: Praxishandbuch Biografiearbeit aus weiblicher Perspektive. Professionell begleitete Biografiearbeit ist längst eine anerkannte Methode der Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, die beispielsweise hilft, mit Schwierigkeiten zurechtzukommen oder neue Handlungsräume zu erkennen. Teresa Kayas Buch ist eine Unterstützung, die besonderen Bedingungen von Biografiearbeit von/mit Frauen zu reflektieren. Neben theoretischen Überlegungen gibt die Vorstellung durchgeführter Projekte produktive Impulse. Ich konnte einige Erfahrungen aus der Gesprächsreihe „Oma trotzt Corona“ beitragen, in der zahlreiche Frauen von höchst innovativen und kreativen Initiativen berichteten.


Frauenkalender: Lass leuchten!  „Lass leuchten! – Ein Zuruf, der gerade in schweren und dunklen Zeiten nicht laut genug sein kann. Lass leuchten: deine Zuversicht, deine Begeisterungsfähigkeit, dein Wohlwollen, deine Stärke …“ Mit dieser Aufforderung lädt der neue Frauenkalender schon ein ins neue Jahr. Sehr gern habe ich zwei Kalenderblätter dazu beigetragen und diesmal an Rosa Park erinnert.

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Das Praxishandbuch Biografiearbeit Online, das Teresa Kaya zusammen mit Sylvia Dellemann und Erika Ramsauer herausgegeben hat, zeigt auf, welche Chancen in der internetgestützten Biografiearbeit stecken. Ich habe zu dem Buch ebenfalls einen Beitrag geschrieben, bei dem ich die reichen Erfahrungen aus den Onlinegesprächen einbringen konnte, die ich im ersten Coronajahr unter dem Titel Oma trotzt Corona organisiert habe.

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Die Gesellschaft verändern, sich der Ausgrenzung von Menschen widersetzen – das war im 19. Jahrhundert das Werk vieler Frauen, die wir mit Fug und Recht als Vorkämpferinnen des heutigen Sozialstaates betrachten können. Doch die meisten von ihnen sind vergessen. Georg-Hinrich Hammer, ehemals Vorstand im Friedenshort, hat sich auf ihre Spuren begeben – und in ihrer Arbeit auch wichtige Impulse für heutiges Engagement entdeckt. Ich habe das Buch in der Zeitschrift P&S – Magazin für Psychotherapie und Seelsorge besprochen.


Offboarding heißt ein von Angelika Gaßmann herausgegebenes Buch. Das Besondere: Für das Verständnis des Übergangs zwischen Berufsleben und Ruhestand von Fach- und Führungskräften nimmt es sowohl die Perspektive der Unternehmen als auch die der Gehenden in den Blick, sowohl organisationspsychologische und managementbezogene Aspekte als auch die Emotionen der Einzelnen. Unter dem Motto „Sich regen bringt Segen“ habe ich mich mit einem Beitrag zu eigenen Initiativen und Unternehmensangeboten im Übergang an diesem vielschichtigen und für alle Seiten auch praktisch hilfreichen Buch beteiligt.


Ein Projekt, an dem ich besonders gern mitgearbeitet habe: Gemeinsam mit vielen Engagierten sowie mit anderen Autor*innen sind Bernt Renzenbrink und Gerhard Wegner der Frage nachgegangen, was Menschen motiviert, auch im Rentenalter aktiv zu sein und ihre Kompetenzen ehrenamtlich in den verschiedensten gesellschaftlichen Feldern einzubringen. „Ältere als Gestalter des Sozialraums“, heißt beispielsweise mein eigener Beitrag. In all den Antworten scheint immer wieder etwas sehr Grundsätzliches auf darüber, wie Menschen ihr Sein in der Welt deuten – eben auch jenseits der Erwerbsarbeit. Ein sehr inspirierendes Buch.


„Diakonische Kirche werden“, das ist das Thema der neuen Ausgabe der Zeitschrift Evangelische Theologie. In meinem Beitrag „Auf dem Weg zum neuen Wir“ habe ich zentrale Erfahrungen aus der Pandemie reflektiert. 

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Im April 2022 widmete sich das Hephatamagazin dem so grundlegenden wie rätselhaften Phänomen der Zeit. Mit meinem Beitrag für das Heft habe ich mich der Spannung ausgesetzt zwischen dem wahren Zeitdruck, der durch die aktuellen klimatischen und gesellschaftlichen Herausforderungen auf uns lastet, und dem Bedürfnis nach einem ganz eigenen Rhythmus, das wir ebenfalls verspüren. Wenn Sie mögen, schauen Sie doch mal rein, das Heft ist auch online verfügbar

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Zum Frauensonntag an Laetare am 27. März hat das Gleichstellungsreferat der Evangelischen Landeskirche Bayern ein inspirierendes Heft herausgegeben, an dem ich mitarbeiten durfte:

Das Werkbuch „Fasse Dich Kurz – Espressogottesdienste!“ (Stephan Goldschmidt / Lars Hillebold / Margit Zahn (Hg.)) ist im Druck und erscheint am 7. März zum Preis von 20 Euro im neukirchener Verlag. Meine Beitrag ist die Kachel 20.
Anbei ein Leseprobe

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Kinder der Ungleichheit handelt vom Erleben der Kinder und es handelt von unserer Gesellschaft und ihrer Zukunft. Und es macht bewusst, was auf dem Spiel steht, wenn Politik nicht endlich auf allen Ebenen mehr für Chancengleichheit tut. Meine Rezension erscheint im Jahrbuch Mission 2022.

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„Unser Tun will reden, unser Wort arbeiten“. Ein soeben erschienenes Ökumenisches Kompendium reflektiert die aktuellen diakonischen Herausforderungen. Dabei werden auch jüdische und islamische Hilfepraxen vorgestellt. Das Buch enthält u. a. einen Artikel von Beate Hofmann und mir zu Spiritualität und Sorge“.

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Der von Simon Hofstetter herausgegebene Band macht sehr plastisch, was für ein großes Potenzial in dem Engagement der Diakonie für Sorgende Gemeinschaften steckt. Ich konnte mich mit dem Beitrag „Niemand stirbt für sich allein“ daran beteiligen.

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„Träumt weiter!“ heißt der Frauenkalender für 2022. Es geht um große Visionen, für die wir Mut schöpfen dürfen, ebenso wie um das kleine Glück im Alltag. Zwei Texte habe ich dazu beigetragen.

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Die Handreichung der Diakonie Hessen zur Fürsorge am Lebensende, an der ich mitgearbeitet habe, reflektiert die Herausforderungen der Pflege zu Hause und in den Einrichtungen nicht nur unter Coronabedingungen. Sie geht dabei auch auf das schwierige Thema des assistierten Suizids ein.

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Die Idee leuchtet mir ein: All den Nachbar*innen und Freund*innen, die füreinander einkaufen, bei der Post anstehen oder auch einfach mal zuhören, gebührt Dank! Andreas Malessa hat daraus ein Buch gemacht: Für dich. Ein Dankeschön an Lieblingsmenschen. Ich habe dafür einen kleinen Beitrag geschrieben, in dem ich einzuordnen versuche, dass aber Care-Arbeit mehr als ein Dankeschön verdient: „Applaus statt Tariflohn?“.


 

Das International Handbook on Ecumenical Diakonia entstand in einer für mich sehr beeindruckenden und inspirierenden, die Kontinente übergreifenden Zusammenarbeit und fragt nach einer Theologie der Diakonie ebenso wie nach Konzepten, um die Leidenden dieser Welt zu erreichen, und nicht zuletzt nach Möglichkeiten der Bildung und Ausbildung für Diakonie. Ich habe mich gefreut, drei Beiträge zu diesem Werk beisteuern zu dürfen.


Neinstedt ist eine der größten diakonischen Einrichtungen in Deutschland. 2020 begeht die Stiftung ihr 170jähriges Jubiläum. Als Klappentext zu der Festschrift von Nadja v. Samson-Himmelstjerna und Reinhard Neuman habe ich geschrieben: „Als führe man mit einer Lupe über einen Zeitstrahl: Wie im Brennglas zeigt die Geschichte von Neinstedt die Spannungsfelder diakonischer Arbeit. Zwischen Staat und Kirche, Menschen und Machtstrukturen, pädagogischen und ökonomischen Zielen. Die schmerzlichen Zerreißproben im dramatischen 20. Jahrhundert lassen den Atem stocken. Zwischen Versagen, Verlusten und Neuanfängen wird klar: Diakonie kann niemals ‚unpolitisch‘ sein, nie ohne Empathie für die Verachteten und Vergessenen. Ein ehrliches Plädoyer für Verantwortung .“


„Mein Kompass ist der Eigensinn: Grundlagen, Vorbilder & Nutzen. Ermutigung zum eigensinnigen Schreiben“

„Mein Kompass ist der Eigensinn: Grundlagen, Vorbilder & Nutzen. Ermutigung zum eigensinnigen Schreiben“ . Der Titel des neuen Buchs meiner Freundin Maria Al-Mana ist Programm. Und so fühle ich mich sehr geehrt, dass die Autorin darin auch einen Abschnitt meinem Neuaufbruch mit dem Unternehmen „Seele und Sorge“ gewidmet hat.


Kirche im Quartier. Die Praxis

„Kirche im Quartier. Die Praxis“ ist ein Handbuch, das tatsächlich für die Praxis geschrieben wurde. Die Herausgeber Georg Lämmlin (neuer Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD) und Gerhard Wegner (sein Vorgänger) sowie die zahlreichen Autor*innen stellen eine Vielzahl von Projekten vor, in denen sich die Kirchengemeinden zu den sie umgebenden Sozialräumen geöffnet haben. Zugleich geben sie praktische Hinweise, wie die Kirche ihre Rolle als zivilgesellschaftlicher Akteur vor Ort gestalten kann. Ich habe für das Buch einen Beitrag über Ältere im Quartier geschrieben.


Achtsam streiten

Wie können wir uns einmischen, wenn Hass und einseitige Rhetorik die Oberhand zu gewinnen drohen? „[…] streiten bedeutet nicht bloß Austausch verschiedener Sichtweisen, sondern Nähe: aneinandergeraten und dabei dem anderen in die Augen, ins Gesicht zu sehen – und dabei auch ins Herz“. So schreiben es die Herausgeber*innen des Bandes „Achtsam streiten“, Barbara Manterfeld-Wormit, Frank-Michael Theuer und Reinhold Truß-Trautwein in ihrem Vorwort. Zahlreiche Autorinnen und Autoren reflektieren die Frage aus unterschiedlichen Perspektiven und geben auch praktische Tipps. „Was mich kaltlässt, was mich anrührt – Gottes überraschende Gegenwärtigkeit“ habe ich meinen eigenen Beitrag in dem Buch genannt.


Handbuch Evangelische Spiritualität

Spiritualität wurde lange vor allem der katholischen Kirche zugesprochen. Doch in jüngerer Zeit gibt es immer mehr Ansätze, diesen bedeutenden Aspekt des Glaubens und Lebens auch in der evangelischen Theologie zu entdecken. Peter Zimmerling hat mit dem von ihm herausgegebenen „Handbuch Evangelische Spiritualität“ wesentliche Grundlagen dazu zusammengefasst. Am 20. Januar erscheint der dritte Band – nach Geschichte und Theologie nun die Praxis. Dafür habe ich einen Artikel zu Spiritualität und Familie geschrieben.


„Die Frau, die ich im Spiegel seh“

Meine Facebook-Freundin Martina Lammers ist seit langem im Wendland für Umweltfragen engagiert. Nun stand sie vor einer persönlichen Herausforderung: 2014 erhielt sie eine Brustkrebsdiagnose. In ihrem Buch „Die Frau, die ich im Spiegel seh“ schildert sie, wie das Malen für sie ein Zugang war zu einer Spiritualität, die ihr neue Kräfte, aber auch neue Erfahrungsmöglichkeiten im Umgang mit ihrer Erkrankung eröffnete. Ihr Malen veränderte sie selbst und ihre Bilder veränderten sich im Lauf des Krankheits- und Heilungsprozesses. Martina Lammers verkauft die Bilder und spendet die Einnahmen für die Seenotrettung von Geflüchteten. Für ihr Buch habe ich sehr gerne ein Vorwort geschrieben.


Auf dem Weg zur Sorgekultur

Die Idee zu dieser Publikation entstand auf einem Colloquium zur Palliativen Praxis in der stationären Altenpflege, dass die Diakonie Deutschland gemeinsam mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkasse durchführte. Die palliative Versorgung in der Altenpflege, die dabei im Fokus steht, wird hier zum Anstoß für eine Weiterentwicklung der Sterbekultur, die die Lebensmöglichkeiten der älteren und sterbenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Neben Überlegungen zur Weiterentwicklung der Sorgekultur in Hospizen und Pflegeeinrichtung finden sich deshalb Beiträge zur Gestaltung Sorgender Gemeinschaften im Quartier. Grundlegende Überlegungen zum „Ende der Untersterblichkeit“ (Werner Schneider) zur Begleitung alter Menschen in der letzten Lebensphase durch Kirche und Diakonie (Ralph Charbonnier) wie auch zur Bedeutung des Ehrenamts und zur Interdisziplinarität verbinden die unterschiedlichen Perspektiven.

Giovanni Maio, Freiburg, fasst prägnant zusammen, was im Untertitel als „Blinde Flecken der alternden Gesellschaft“ angesprochen wird: „Unsere Zeit, die geprägt ist von Effizienz, Schnelligkeit und Stromlinienförmigkeit, birgt die Tendenz in sich, sich über die Bedürfnisse alter Menschen hinwegzusetzen. Der alte Mensch steht deswegen quer zu unserer Zeit, weil er zum Innehalten auffordert. Nirgendwo wird die Notwendigkeit einer Ethik der Sorge deutlicher als im Umgang mit dem alten Menschen.“ W. Schneider skizziert die neue Kultur der Sorge als soziale Innovation am Beispiel des „Altenheims“. Er plädiert dafür, die aktuelle Pflegekrise als Ausdruck zukünftig sich verschärfender Herausforderungen zu verstehen und die Institution Heim neu zu erfinden: Das „Heim der Zukunft soll zu einem Zentrum einer neuen Sorgekultur und Sorgepraxis, zum Mitgestalter gesellschaftlicher Veränderungen werden“ – ein Knoten im Netz von Dienstleistungsstrukturen und Zivilgesellschaft. Mit einem kritischen Blick auf jedwede Überhöhung der Idee von „Sorgenden Gemeinschaften“ hält er fest, dass es dabei um das ganz unterschiedlich gestaltete Angebot „temporär gelebter und erfahrbarer Gemeinschaft in einer radikal individualisierten Gesellschaft“ geht – dann, „wenn sie es am dringendsten braucht“. Kirche und Diakonie, so R. Charbonnier, können dabei Erfahrungen der Altenseelsorge, der ehrenamtlichen und pfarramtlichen Gemeindeseelsorge, der Lebensberatung wie auch des sozialpädagogischen Handelns einbringen und den Fokus der palliativen Arbeit weiten wie zugleich profilieren: Seelsorgliche Arbeit zeigt sich in Lebensbegleitung wie ganz spezifisch in Spiritual Care, in kultur- und religionssensiblen Perspektiven wie in diakonischer Trägerschaft. „Sie wissen, dass mitten im Leben Dinge gelernt werden, auf die Menschen in der letzten Lebensphase zurückgreifen möchten, dass seelische Prozesse in der persönlichen Begleitung sterbender Menschen eine wesentliche Rolle spielen und so auch in der Organisation des Zusammenlebens Berücksichtigung finden sollten.“

Was das konkret bedeuten kann, zeigen die Praxisbeispiele und –reflexionen u.a. von Katharina Heimerl, Frank Kittelberger und Katharina Ruh. Verbindende Artikel hätten geholfen, den vorwärtsweisenden Ertrag des Diskurses der unterschiedlicher Professionen deutlicher zu machen. Die Entwicklung einer Kultur und Ethik der Sorge bleibt eine Herausforderung über die verschiedenen, zum Teil konkurrierenden, Praxisfelder hinweg: Sie verlangt „Zeit und Zuwendung“, ein vertrauensvolles und kooperatives Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure und die notwendige finanzielle Ausstattung.

Cornelia Coenen-Marx

Ulrich Lilie/Wolfgang Beer/Edith Droste/Astrid Giebel (Hrsg.):
Auf dem Weg zur Sorgekultur. Blinde Flecken in der alternden Gesellschaft.
Der Hospiz Verlag, Esslingen 2018.


Vertrauen als Kern von Gemeinschaft. Zwei Bücher über heimatliche Beziehungen

Text zum download: flyer heimat-nebenan_v2.pdf


„… von gar nicht abschätzbarer Bedeutung“

Frauen schreiben Reformationsgeschichte

vor-gar-nicht

Lutherische Verlagsgesellschaft Kiel, Katalog zur Ausstellung mit einem Beitrag zum Wandel des weiblichen Ehrenamts von Frau Cornelia Coenen-Marx.

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 Diakonisches Profil als Aufgabe – 100 Jahre Zehlendorfer Verband

Diakonisches_Profil

Martin Zentgraf (Hg); Darmstadt 2016

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Soziale Strategien für Morgen

Ein Plädoyer für die Menschenwürde

Soziale StrategienGäbler, GerhardSteidl, Roland

Ein tiefgreifender Wandel kennzeichnet unsere Gesellschaft. Ökonomisierung und Technisierung praktisch aller Lebensbereiche verändern das Leben bis tief in den Privatbereich hinein. Dabei schreiten die Veränderungen so rasant voran, dass es kaum mehr möglich scheint, Folgen rechtzeitig abzuschätzen, die Entwicklungen zu steuern oder sie angemessen zu reflektieren. Die genannte Dynamik hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch die Arbeitsfelder der sozialen Begleitung und Betreuung erfasst: Krankenpflege, Altenbetreuung und die Begleitung beeinträchtigter Menschen unterliegen zunehmend behördlichen Vorgaben. Begründet werden diese Vorgaben damit, dass die „Sozialkosten“ ein inakzeptables Ausmaß erreicht hätten. Sparmaßnahmen sind die Folge. Für nicht wenige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedeutet diese Entwicklung eine immer größere körperliche und psychische Belastung und zugleich immer weniger Zeit für die jeweiligen Klienten und Klientinnen.
Mit dem Buch Soziale Strategien für morgen soll die beschriebene Entwicklung reflektiert werden. Ziel des Projektes ist es, vielen Menschen in unserer Gesellschaft ein kritisches Bewusstsein im Blick auf Lebens- und Arbeitswelten zu ermöglichen. Die Beiträge dieses Buches wollen inspirierende Impulse zu wirksamer und dringend notwendiger Veränderung geben.

340 Seiten, gebunden

Beitrag im Buch von Frau Cornelia Coenen-Marx: „Müssen Sozialunternehmen sinnstiftend sein?“

 

OTTO MÜLLER VERLAG

ISBN: 978-3-7013-1236-8
Preis: € 25,00 (E-Book: ca. € 20,99)

www.omvs.at/de


„Recht auf Engagement“

von Susanne Lang /Serge Embacher (Hg)

Rezension von Frau Coenen-Marx

Bürgerschaftliches Engagement hat Konjunktur. Ohne engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Betten und Frühstück zubereiten, Kinderspielzeug sammeln, Deutschunterricht geben, ließe sich die aktuelle „Flüchtlingskrise“ nicht bewältigen. Zehntausende Gastgeberinnen und Gastgeber, viele davon Ehrenamtliche in den Kirchengemeinden, haben unserem Land eine neue Willkommenskultur geschenkt. Wo aber die ehrenamtlich Engagierten an ihre Grenzen kommen, weil eine berufliche Freistellung nicht über Wochen und Monate möglich ist oder weil die Supervision fehlt, da stellt sich immer häufiger die Frage, ob Ehrenamtliche nicht zum „billigen Jakob“ eines schlank gesparten Staates werden. Inzwischen wird nachjustiert: neue Verteilzentren werden eingerichtet, Wohnbauprogramme aufgelegt. Tatsächlich wird jedoch viel mehr gebraucht: mehr Investitionen in Tageseinrichtungen und Schulen, mehr Traumatherapeuten und Deutschlehrerinnen. Welche Rolle spielen die Engagierten vor Ort bei der politischen Debatte? Sie haben die Willkommenskultur geprägt – werden Sie nun auch dazu beitragen, die Sozial- und Gesellschaftspolitik für die Einwanderungsgesellschaft zu gestalten? Welche Rolle können dabei Mittlerorganisationen wie die Kirchen spielen? Und werden sie auch die Migrantinnen und Migranten im Blick haben, die in diesem Prozess selbst zu Ehrenamtlichen geworden sind?

„Es geht um ein neues Verhältnis von Staat und Gesellschaft, das nicht in Kategorien staatlicher Planung und Steuerung von gesellschaftlichen Prozessen definiert wird, sondern im Sinne einer neuen, kooperativen und partnerschaftlichen Verantwortungsteilung“, zitieren die Herausgeber des vorliegenden Buches den inzwischen verstorbene Michael Bürsch, der von 1999 – 2002 der Enquetekommission des Deutschen Bundestages zur Förderung Bürgerschaftlichen Engagements vorsaß. Die Beiträge spiegeln die Debatte um das „Leitbild Bürgergesellschaft“ und das Ringen um eine „Engagementpolitik“ des Bundes wie der Länder und Kommunen. Begriffe wie „altes“ und „neues“ Ehrenamt und auch die Ergebnisse des – 2016 in der 4. Staffel erscheinenden – Freiwilligensurveys der Bundesregierung sind inzwischen auch für die kirchlichen Engagementstrategien handlungsleitend geworden. Die Texte machen darüber hinaus deutlich, in welchem Maße der Strukturwandel des Ehrenamts zum Querschnittsthema geworden ist, weil er den gesellschaftlichen Wandel insgesamt spiegelt – von der Arbeitsmarktentwicklung bis zur Rentenpolitik, von der Vereinbarkeit bis zur Bildungspolitik.

Wie das Beispiel oben zeigt, griffe es zu kurz, bürgerschaftliches Engagement vor allem nach seinem gesellschaftlichen und sozialen Nutzen zu beurteilen; leider weist die zunehmende „Monetarisierung“ des Ehrenamts mit Übungsleiterpauschalen und Freiwilligendiensten als Ersatz für Erwerbsarbeit in diese Richtung. Vielmehr sind Selbstwirksamkeitserfahrungen die wesentliche Triebfeder des Engagements. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe, von der niemand ausgeschlossen sein sollte – auch Menschen mit Behinderung, Hartz-4-Empfänger oder Migranten nicht. Das signalisiert der Titel „Recht auf Engagement“. Wer das Buch unter der Perspektive kirchlicher Organisationsentwicklung und Ehrenamtsstrategien liest, könnte enttäuscht sein. Trägerorganisationen in Kommunen, Wirtschaft und Verbänden sind zwar durchaus im Blick; es geht aber in erster Linie um die Entwicklung von demokratischer Teilhabe in einer vielfältig aufgestellten Zivilgesellschaft. Was Kirche und Diakonie dazu beitragen könnten – in Bürgerkommunen wie in vielfältigen Netzwerken – ist allerdings längst noch nicht ausgeschöpft.