Noch einmal ist alles offen – das Älterwerden als Geschenk

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Kösel-Verlag, München
25. April 2017, 17,99 Euro
 ISBN: 978-3-466-37182-2 

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Rezension:  August 2017 / Sibylle Sterzik, Berlin / Frohe Botschaft, Evangelische Monatszeitschrift

Rezension:  13. Juni 2017 / Maria Al-Mana / https://unruhewerk.de/aelterwerden-als-geschenk/

„Noch einmal ist alles offen“ – das Älterwerden als Geschenk & Chance zum Aufbruch. Eine Buchempfehlung

Fundament: Auseinandersetzung mit meiner Endlichkeit

Wenn die Autorin dann auch noch evangelische Oberkirchenrätin im Ruhestand ist, schadet das sicher nichts. Ist aber eigentlich auch nicht unbedingt notwendig, denn zum Beispiel die „sorgende Gemeinschaft: Engagement macht stark“ – so der Titel eines Kapitels – ist jederzeit auch ohne Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche oder anderen Glaubensgemeinschaften möglich. Und das gilt für alle anderen Themen. Etwa, wenn es darum geht, die Arbeit neu zu gestalten, Rollen neu zu „erfinden“ oder „dem Leben nachzugehen“. Wichtig sind immer „lebendige Beziehungsnetze“, der Wunsch „wesentlich“ zu werden, wie auch neu entdeckte oder bekannte „Kraftorte“ – damit all die Erkenntnisse auch  praktisch umgesetzt werden können. Und ganz viel Neugierde. All das hat Cornelia Coenen-Marx entweder immer schon gehabt, sich erarbeitet oder im Nachdenken über ihre Rolle(n) in der Gesellschaft, über eigene Bedürfnisse und den Blick auf die menschliche Endlichkeit neu/wieder entdeckt. Denn auch darum geht es: “um die bewusste Auseinandersetzung mit meiner eigenen Begrenztheit und Endlichkeit, und zwar nicht erst am Ende des Lebens. Denn wenn ich Angst habe, mich zu verlieren, kann ich weder lieben noch Kinder in die Welt setzen, noch überhaupt etwas Neues beginnen. Und am Ende auch nicht sterben. Das Thema Sterblichkeit geht also immer mit. Wer die Frage nach dem Ende einfach in die sogenannte vierte Lebensphase verschiebt, tut sich selbst nichts Gutes.“

Diese Erkenntnis muss man nicht immer schon gehabt haben, sie darf gern auch erst in der Auseinandersetzung mit dem Älterwerden entstehen: „Vielleicht besteht die Herausforderung des Älterwerdens gerade darin, sich noch einmal auf den Weg zu machen und weiter zu geben, was die Summe unseres Daseins ist.“ Was das genau beinhaltet, entscheidet natürlich jeder und jede selbst. Und zwar ganz unterschiedlich. Da gibt es keinerlei Vorgaben. Offenheit, Neugierde und Mut können allerdings sehr hilfreich sein: „Heute weiß ich: Wenn ich den Mut finde, in Worte zu fassen, was mich schmerzt, komme ich der Frage näher, die das Leben mir gerade stellt“.

„Heimathafen“ Diakonie

Natürlich werden wir alle durch das geprägt, was wir in den ersten Jahrzehnten unseres Lebens gesehen und erlebt haben. Cornelia Coenen-Marx wurde 1952 geboren. Sie wurde Pfarrerin, hat viel gesehen, viel erlebt, vieles mitgestaltet.

Und in einem Gespräch sagte sie mir, dass die Diakonie durchaus zu ihren Herzensthemen gehört. Diakonie – für viele ein eher diffuser Begriff. Seit der Mehrteiler „Charité“ über die berühmte Berliner Klinik mit den noch berühmteren Ärzten im Fernsehen lief, für viele Menschen auch ein diffuser Sehnsuchtsort, Heimathafen: Immer wieder sagten dort Krankenschwestern, sie gingen „zurück ins Mutterhaus“. Das erste  Mutterhaus aller Diakonissen liegt in Düsseldorf-Kaiserswerth – dort lernte übrigens auch unter anderem auch die „Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege“, wie wikipedia sagt, die Engländerin Florence Nightingale, die Grundlagen ihrer Arbeit. Und Coenen-Marx leitete 1998 bis 2004 als „theologischer Vorstand“ genau diesen Ursprungsort diakonischer Arbeit, war damit auch Vorsteherin der Kaiserswerther Schwesternschaft.

Das ist vor allem darum im Hinblick auf das hier vorgestellte Buch wichtig, weil Coenen-Marx ihr eigenes „Geschenk des Älterwerdens“ in jedem Fall noch nutzen möchte, ihre sehr lebendigen Vorstellungen von Diakonie weiterzugeben. Sie lebt also quasi genau das vor, was sie im Buch beschreibt: Als Pfarrerin repräsentiert sie natürlich auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Anstellungsverhältnis weiterhin die Evangelische Kirche. Nun aber hat sie sich, im „Rentenalter“, aber keineswegs als „Rentnerin“ als Inhaberin ihrer neuen Agentur „Seele und Sorge“ selbstständig gemacht. Dabei geht es ihr unter anderem „um die Entwicklung diakonischer Identität, um Spiritualität und Ethik in der Führung, um die Zusammenarbeit in neuen und tragfähigen Kooperationen und die Förderung des freiwilligen Engagements.“

Und mit ihrem eigenen Verhalten setzt Coenen-Marx eine weitere Forderung im Gedanken-Kanon des „neuen Älterwerdens“ um: Sie definiert Arbeit neu. Und nimmt dabei ihre eigenen Worte sehr ernst: Es gehe darum, „sich noch einmal auf den Weg zu machen und weiter zu geben, was die Summe unseres Daseins ist“, hat sie geschrieben. Das tut sie beispielsweise auch mit ihrem Angebot der „diakonischen Pilgerreisen“: „Seit ich Vorsteherin in Kaiserswerth war und erleben durfte, welche Kraft diese alten Mauern geben können, habe ich das Projekt ‚Diakonische Pilgerreisen‘ im Kopf“, beschreibt sie dort den Beginn ihrer neuen Arbeit. Womit sich für mich ein Kreis schließt. Denn da geht es um genau jene „Kraftorte“, von denen Coenen-Marx in ihrem Buch noch sehr viel mehr beschreibt, als sich in einer Pilgerreise wohl je besuchen lassen können.

So viele Projekte, die Mut machen!

Neben all den klugen Gedanken und plastischen, praktischen Lebenserkenntnissen, die sie in ihrem Buch darlegt, ist darum genau das einer jener Mutmach-Punkte, die das Buch für mich regelrecht wertvoll machen: Es  lässt sich tatsächlich auch wie ein Kompendium von Projekten, Orten, Denkansätzen und Lebensmodellen des „neuen Alterns“ lesen.

Ganz im Sinne etwa von Lisa Frohn, die in #Ran ans Alter!“ so vehement „öffentliche Räume“ für das selbstbestimmte, neue Älterwerden fordert, denn – so Frohn – „unser Generationen-Wir ist auch wichtig, um gleichberechtigt mit anderen Wir-Formationen kommunizieren zu können.“ Das hat Coenen-Marx ähnlich beobachtet: „Oft sind es die Älteren selbst, die Initiative zeigen“, hat sie festgestellt und sieht die „neuen Wohnprojekte, die Seniorenwohngemeinschaften, Mehrgenerationenhäuser, Nachbarschaftsprojekte und Beginenhöfe“ ebenso als „Herausforderungen für die Gesellschaft und die einzelnen“ wie auch die „vielen generationenübergreifenden Projekte“, die im besten Fall gleich auch noch „Neues stiften“ können. Von Beispielen solcher Projekte wimmelt dieses Buch geradezu – das meinte ich mit „Kompendium“, mir juckt es regelrecht in den Fingern, mir Listen all dieser spannenden Projekte anzulegen. Und nach dem Lesen nehme ich mir fest vor, diesen Beispielen im Einzelnen so gründlich wie möglich nachzugehen, sie vorzustellen, hier im Unruhewerk oder woanders…. Das wird sich zeigen. Denn das macht mir wirklich Mut: zu sehen, wie allerorten das Älterwerden neu überdacht wird. Als „Geschenk“ oder Denkanstoß, Aufbruch zu Neuem, Gemeinsamem, Übergreifenden…. Und dabei wird nichts beschönigt –  das ist eine wichtige Voraussetzung, sonst würde der „neue Aufbruch“ auch kaum gelingen.

„Ich möchte jederzeit aufbrechen können“

Einer meiner Lieblingssätze aus dem Buch von Coenen-Marx ist: „Selbstbestimmung und Angewiesenheit sind keine Gegensätze. Noch im Sterben geht es darum, beides in eine gute Balance zu bringen.“

Nur, wer so denken kann, hat auch den Blick frei auf das ganz Große – etwa die Spiritualität in all ihren Formen. Und auf das ganz Kleine – den Rollator zum Beispiel. Coenen-Marx widmet ihm ein ganzes Kapitel, findet es wenig verwunderlich, dass er von einer Frau – der Schwedin Aina Wifalk – erfunden wurde, setzt ihn in Beziehung zu eigener Krankheit, einem beliebten Konfirmationsspruch, kommunalpolitischer Nachlässigkeit bei Ampelschaltungen, öffentlichem Nahverkehr und dem Wunsch Menschen jeden Alters, weiterhin reisen zu können. Für sie selbst gilt: „Ich möchte jederzeit aufbrechen können“ – und meint damit nicht nur das Reisen, sondern ebenso das Lernen, die physische Selbstfürsorge, den Umgang mit dem eigenen „Zeitbudget“ oder die aktive Kontaktpflege.

Diesem Wunsch schließe ich mich nahtlos an – und bedanke mich herzlich bei Cornelia Coenen-Marx für die Fülle an Anregungen, die sie mir dazu (mal wieder, wie etwa auch mit ihrem Buch „Aufbrüche in Umbrüchen„) gegeben hat. Denn wenn dieses „Jederzeit-Aufbrechen-Können“ eine reelle Chance hat, verliert das Älterwerden – jedenfalls für mich – schon sehr viel von seinem Schrecken. Dass es auch ein Geschenk sein kann, ist ein Gedanke, der unbedingt mehr als einmal gedacht, laut ausgesprochen und gelebt werden sollte.


Rezension:  20. Mai 2017 / Petra Schuseil
www.wesentlichwerdenblog.wordpress.com

Buchtipp: Noch einmal ist alles offen von Cornelia Coenen-Marx

Ich halte das Buch in Händen und bin einmal mehr angetan von dem cremefarbenen Umschlag im DIN A5-Format. Er ist sehr liebevoll gestaltet, fast zart. Die sanft-grüne Farbe des Buchtitels „NOCH EINMAL IST ALLES OFFEN“ in großen Lettern: ein frisches Grün, das man jetzt im Mai häufig erlebt. Der untere Buchdeckel wird umspielt von ganz feinen Gräsern in grün und dunkelrot, sie wiegen sich leicht im Wind, manche verschwinden blass im Hintergrund. Die Titelunterschrift in einer luftigen Typo abgedruckt „Das Geschenk des Älterwerdens“ wird von diesen Blüten leicht umspielt.

Der Titel hält durch das ganze Buch, was er verspricht: Es ist noch einmal alles offen, wenn wir älter werden. Das gefällt vor allem mir, die immer neue Ideen entwickelt und sucht. Hier in diesem Buch von der Autorin Cornelia Coenen-Marx habe ich eine Fülle von Möglichkeiten vor mir. Ich muss nur zugreifen und mich informieren und mich inspirieren lassen. Im ersten Kapitel geht es genau darum: „Das Leben neu entdecken“.

Wir können uns über soziale Projekte genauso informieren wie über neue Lebenskonzepte. Was will ich einmal realisieren? Was passt zu mir? Wie will ich mein Leben gestalten und führen? Wie leben? Wo? Mit wem?

Beruflich kann ich mich weiter engagieren und mein Wissen weitergeben. Ob ehrenamtlich oder auf anderen Wegen. Ich finde Ideen und Möglichkeiten. Die Autorin vergisst dabei nicht, dass wir uns auch um unseren Körper und um unsere Seele/Spiritualität zu kümmern haben.

Im zweiten Kapitel dann geht es um die Grenzen. Die Autorin zeigt uns „Begegnungen im Grenzgebiet“. Es geht nicht nur aber auch um die eigene Endlichkeit, das Sterben und den Tod. Das Leben bis zuletzt auskosten und in Würde und Selbstbestimmung leben, dazu werden wir ermutigt. Die Erkenntnis der Endlichkeit inspiriert. Wie schön, dass sie den Totenhemd-Blog erwähnt, den meine Freundin Annegret und ich ins Leben gerufen haben.

Sie weist uns auf die Grenzorte der „Pflege und Sorge“ hin und macht Mut, hier Neues zu bewegen und gestaltend einzugreifen.

„Zugehörigkeit im Alter gestalten – wo immer wir leben“. Die Gedanken der Autorin hierzu finde ich als „zwischen den Welten Hopperin“ sehr wichtig und tröstlich. Sie schreibt „Wir haben das Recht, Autor des eigenen Lebens zu bleiben, auch wenn man Hilfe braucht. Wir wollen unsere eigene Geschichte gestalten bis zum letzten Kapitel“.

Das dritte Kapitel „Was wir sein können und zu geben haben“ beginnt mit einer guten Frage: Wenn Sie einmal am Ende Ihres Lebens stehen – was möchten Sie dann erreicht haben?

„Ich möchte immer nur das nächste tun, das nächste von allem, was ich noch nicht getan habe. Ich möchte, dass es eine Fortsetzung gibt. Aber im Grunde denke ich, dem Wesentlichen kann man nichts hinzufügen. Das Wesentliche kann man nicht erreichen. Man kann darum herum schreiben, schöne Verse machen, guten Wein trinken, einen guten Stuhl bauen. Mehr schafft man nicht“. Sagt der Schriftsteller Bitow auf Seite 149.

Was er hier zum Besten gibt gefällt mir besonders gut und passt auf das ganze Buch! Wir bekommen Gedankenanstöße und können uns gar nicht ausruhen, weil es so Vieles zu erleben und auszuprobieren gibt. Wir werden immer wesentlicher und doch nicht, immer bleibt es ein besonderer Versuch.

Wir erhalten durchgängig Ideen und Anregungen, Tipps, Websites, Zitate, Gedichte oder Bibelverse zum Nachdenken oder Recherchieren. Was davon will ich ausprobieren? Deshalb muss man das Buch auch nicht in einem Rutsch durchlesen sondern kann sich ein Kapitel oder nur zwei Seiten vornehmen und mit ihnen eine Weile schwanger gehen.

Wenn wir älter werden, können wir die Person werden und sein jenseits von beruflichen Rollen und Erwartungen. Das beschreibt Cornelia Coenen-Marx immer wieder und gibt uns da viele Beispiele aus ihrem eigenen Leben. Sie lockt uns, sie macht uns Mut, sie will dass wir bis ins hohe Alter optimistisch bleiben und immer wieder daran denken: Ein Neuanfang ist immer möglich. Zu guter Letzt offenbart sie „Was jetzt dran ist und wofür ich mich engagiere“. Lassen Sie sich überraschen, vielleicht finden Sie eine Anregung und machen es ihr nach.

Sie wissen ja: Gott schickt nicht in Rente. Es liegt an Ihnen und an mir, was wir daraus machen, aus unserem „Feierabend“.

Das Buch ist im Kösel-Verlag erschienen. Hat 207 Seiten und kostet € 17,99.


Rezension:  31. Mai 2017 / Geertje Wallasch

Alt? Was nun? – Noch einmal alles offen…

Keine Zeit der Verzweiflung, sondern eine Chance, die es zu nutzen gilt.
So sieht es Cornelia Coenen-Marx und schreibt es in einem 200seitigen Buch mit dem Titel: „Noch einmal alles offen“ nieder. Der Untertitel „Das Geschenk des Älterwerdens“ lässt ahnen, worauf es hinführen soll. Jedoch wird dabei nichts beschönigt, ganz im Gegenteil. Dass die Gesellschaft, die Verantwortlichen in der Politik gerade „die Alten“ vernachlässigt und daran noch einiges unbedingt berichtigt werden sollte, das ist offensichtlich. Coenen-Marx macht dies in ihrem Buch sehr deutlich und es ist gut, es noch einmal so komprimiert zu lesen, obwohl uns vieles davon nicht unbekannt ist. In dieser Bündelung, die die Autorin leistet, werden die Probleme der Zukunft deutlicher. Aber keine Angst, dies Buch macht nicht depressiv. Es lässt uns begreifen, dass wir gerade im Alter eine gute Chance haben, einige unserer Träume zu realisieren. Die Voraussetzungen dafür haben wir. Darauf weist das Buch in einer beeindruckenden Art hin. Wenn wir es in „jungen Jahren“ gehört hätten, wäre uns der Glaube daran schwer gefallen: Die Rückschläge, die wir vielleicht hinnehmen mussten, haben uns in unserem Leben oft weiter gebracht, als die Dinge, die wir geleistet haben und uns vermeintlich weiter gebracht haben. Das ist in diesem guten Buch auf eine kurzweilige Weise nachzulesen. Es macht Mut, dem Älterwerden mit Gelassenheit zu begegnen und sich darauf zu freuen. Lesen Sie dieses Buch! Ich habe mich beim Lesen häufig wiedergefunden und mochte es nicht mehr aus der Hand legen. Mein Bleistift kennzeichnete Stellen, die ich später nochmal nachlesen werde.  

Rezension: Septemberfrau / Mai. 2017/ Elvira Loeber
www.septemberfrau.de/noch-einmal-ist-alles-offen/

Noch einmal ist alles offen – Das Geschenk des Älterwerdens

Der Untertitel lautet „Das Geschenk des Älterwerdens“ und für Geschenke bin ich immer zu haben. Und dann der Titel „Noch einmal ist alles offen“. Schließe einmal kurz die Augen und lass beide auf dich wirken. Sie klingen derart verheißungsvoll, dass ich das Buch von Cornelia Coenen-Marx sofort nach dessen Erscheinen gekauft habe. Und ich nehme es gleich vorweg, der Inhalt hält, was der Titel verspricht.

Von wegen alt und zu nichts mehr nutze

Frau Coenen-Marx zeigt in ihrem Buch eine Vielzahl von Chancen und Möglichkeiten auf, wie sich das Leben jenseits von Ruhestand gestalten lässt. Sie räumt auf mit dem Vorurteil, dass alte Menschen überflüssig und unsichtbar sind, nicht mehr gebraucht werden oder sogar der nachfolgenden Generation was wegnehmen. Dabei bietet sie keine fertigen Rezepte zum Nachmachen an sondern einen großen Korb mit den verschiedensten Zutaten, aus dem sich Jeder herauspicken kann, was ihm schmeckt. Darin enthalten sind: neue Lebensformen ausloten, sich mit Klimawandel oder Naturzerstörung auseinandersetzen, die losen Fäden zwischen den Generationen verknüpfen, Entscheidungen treffen, was die eigene Vorsorge und vielleicht Pflegebedürftigkeit betrifft, sich in Ehrenämtern engagieren oder als Mentoren tätig werden, um nur einige Beispiele zu nennen.

Nichts müssen – alles können

Besonders gefallen hat mir, dass es die Autorin nicht nur bei theoretischen Ansätzen belässt. Sie schildert auch immer wieder Begebenheiten aus der Praxis oder erzählt aus ihrem eigenen Leben, in dem sie nach einem langen Krankenhausaufenthalt vieles verändert, alte Abläufe losgelassen und neue Strukturen geschaffen hat.

Es ist ein Privileg des Alters, dass wir unsere Träume endlich realisieren können, losgelöst von Druck und Erwartungshaltungen, denn wir müssen damit nicht mehr unseren Lebensunterhalt verdienen, schreibt sie. An anderer Stelle heißt es: „Die Frage, was will ich im Leben noch tun, gewinnt eine ganz neue Dimension und Qualität.“ Der inneren Stimme lauschen, der Sehnsucht nach einem Neuanfang nachgeben und sich auf den Weg machen mit dem Wissen, dass man seinen lebenslang erworbenen Fähigkeiten vertrauen kann, hat etwas Verheißungsvolles. Hilfreich ist dabei, dass es nicht die ferne Zukunft ist, für die wir Alten planen müssen, sondern ein überschaubarer Zeitraum.

Irgendwie wärmen mich diese Sätze von innen. Und da ich mich gerade mitten im dritten Viertel meines Lebens befinde, ist es umso schöner, solche mutmachenden Zeilen zu lesen. Freiheiten zu entdecken, die ich vorher nie registriert habe und nichts müssen, aber alles können sind ebenfalls wunderbare Denkanstöße.

Im Labyrinth der Sozialsysteme

„Noch einmal ist alles offen“ ist ein Buch, welches Wege aufzeigen will, was im Alter alles möglich ist, doch Cornelia Coenen-Marx legt auch den Finger in die Wunde längst überholter Sozialsysteme. Sie fordert,

  • dass Pflege und Fürsorge nicht länger nur Frauensache sein darf mit allen damit verbundenen Nachteilen,
  • dass es nicht länger hinzunehmen ist, wenn Alte aus Kostengründen als geballte Masse in Heimen untergebracht werden,
  • dass ein Umdenken stattfinden muss, was die finanzielle Unterstützung von begleitenden Angehörigen oder Freunden betrifft,
  • dass eine Verzahnung von Schulen, Seniorenzentren und Tageseinrichtungen wünschenswert ist,
  • dass neue Wohnformen geplant und erprobt werden, wo jung und alt zusammen leben und sich gegenseitig unterstützen,
  • dass „sorgende Gemeinschaften“ unerlässlich sind, weil sich die demographische Altersstruktur rapide wandelt,
  • dass in Zeiten kleinerer Renten über eine Vergütung ehrenamtlich tätiger Menschen nachgedacht wird.

Doch sie fordert nicht nur, sondern hat auch Vorschläge und Lösungen parat, wie gelingendes Altern aussehen kann, wenn Politik, Interessenvertretungen, Arbeitgeber, soziale Verbände sowie die Institution Kirche gemeinsam an neuen Ideen arbeiten.

Noch einmal ist alles offen

Das Buch von Cornelia Coenen-Marx inspiriert, regt zum Nachdenken an, ist aufrüttelnd, macht Mut, ist voller Verheißungen und Energie. Am Ende war mir nach in die Hände klatschen und einem „Ja, dann wollen wir mal Loslegen“-Ausruf. Ich fühle mich reich beschenkt und lege dir das Buch sehr ans Herz. Es ist absolut empfehlenswert.

Lass uns zusammen LEBEN – LIEBEN – LACHEN
wunderbare Bücher lesen und viele bunte Sachen machen

Elvira