Kraftorte: Interview mit Christoph Radbruch, Vorsteher und Vorstandsvorsitzender der Pfeifferschen Stiftungen, Magdeburg

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DIAKONISCHE PILGERREISEN: DER BLOG

Wir entdecken Diakonische Pilgerorte –
diesmal auf der Spur von: Christoph Radbruch

„Die Pfeifferschen Stiftungen sind immer noch ein eigener kleiner, durch eine Mauer abgetrennter, Stadtteil im Stadtteil. Ich würde gerne das Gelände so öffnen, dass der besondere Geist, den das Ensemble von traditionellen Backsteinbauten ausstrahlt, erhalten bleibt und doch die Öffnung in den Stadtteil hinein gelingt.

Christoph Radbruch ist Vorsteher und Vorstandsvorsitzender der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg. Davor war er Gemeindepfarrer und Superintendent in Duisburg. Ehrenamtlich vertritt er als Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes die Interessen der diakonischen Krankenhäuser in der Politik und Gesellschaft sowie in den Gremien der Diakonie und der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Sie beschäftigen sich beruflich und/oder ehrenamtlich mit Diakonie. Was liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?
Diakonie ist der Praxistest der Kirche, ist gelebter Glaube. Damit ist diakonisches Handeln auch verwechselbar. Dies entspricht der Wirklichkeit Gottes. Gott betritt in der Person Jesu von Nazareth Raum und Zeit des Menschen, er bedient sich menschlicher Sprache, kommt in den Alltag der Menschen und macht sich dadurch selber verletzlich und verwechselbar. So wie nur durch die Deutung des Glauben in Jesus Gott zu erkennen ist , muss auch das Diakonische im fachlichen Handeln der Mitarbeitenden durch Deutung als diakonisch identifiziert werden. Deswegen ist es so wichtig, dass es Menschen gibt, die in der Lage sind die lange Geschichte der Diakonie und der sie tragenden christlichen Tradition in die heutige Zeit zu übersetzen und so die christliche Deutung unserer Arbeit zur Sprache zu bringen.

Gibt es eine persönliche Erfahrung, die Ihnen den Kern diakonischer Arbeit existenziell vor Augen geführt hat?
Während der über zwanzig Jahre, die ich in einem Pfarrhaus gelebt habe, kamen regelmäßig Menschen in Not an meine Haustür. Die Hoffnung war, beim Pfarrer wird mir erst einmal weitergeholfen ohne lange Anträge oder viele Fragen. Alle Fragen, die mit dem Thema Helfen zusammenhängen, habe ich an der Haustür erlebt. Werde ich belogen und ausgenützt? Ist meine Hilfe sinnvoll? Wie kann ich die Ursache ändern ohne nur ein Notpflaster zu verteilen? Wo kann ich eine Grenze ziehen, weil ich keine Kraft mehr habe? Und viele mehr.

An welchem Ort (in welcher Einrichtung, in welchem Haus oder Raum) ist Diakonie für Sie in besonderer Weise sichtbar und erfahrbar geworden und was hat Sie dort fasziniert?
Vor drei Jahren haben wir einen Teil der ehemaligen Geburtsklinik der Stiftungen zu einem Kinderhospiz umgebaut und es ist gelungen dort sehr freundliche Räume zu gestalten. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie lebendig es dort zugeht, und die Umwandlung von der Geburtsklinik zum Kinderhospiz macht deutlich, dass Diakonie vor allem auch an den Rändern des Lebens gefragt ist.

Was macht Ihrer Meinung nach einen – oder diesen – „diakonischen Ort“ zum spirituellen Kraftort (Geschichte, Gestaltung, Personen …)?
Bei aller Trauer, Melancholie, Verzweiflung auf der einen Seite erlebe ich immer wieder eine Fröhlichkeit und Zuversicht im Angesicht des Todes, die mir Mut macht.

Was würden Sie in Ihrem Arbeitsumfeld räumlich ändern, wenn Sie die Freiheit und Mittel dazu hätten, damit die Arbeit, die Ihnen am Herzen liegt, noch besser gelingt?
Die Pfeifferschen Stiftungen sind immer noch ein eigener kleiner, durch eine Mauer abgetrennter, Stadtteil im Stadtteil. Ich würde gerne das Gelände so öffnen, dass der besondere Geist, den das Ensemble von traditionellen Backsteinbauten ausstrahlt, erhalten bleibt und doch die Öffnung in den Stadtteil hinein gelingt.

Und sonst? Haben Sie weitere Gedanken, Anmerkungen, Anregungen zur Bedeutung – und vielleicht auch zur Relativierung – diakonischer Orte?
Auf der einen Seite ist es ja so, dass die Räume „mitpredigen“ und die Gestaltung von Gebäuden auch etwas über den Geist aussagt, der in den Räumen herrscht. Auf der anderen Seite ist das Bild für das wandernde Gottesvolk auch das Zelt in der Wüste. Deswegen sollten wir uns immer wieder daran erinnern lassen, dass Gebäude keine „Immobilien“ werden, die uns unbeweglich machen.

Vielen Dank!

Link zur Webseite: www.pfeiffersche-stiftungen.de

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